AUCH CHEFINNEN KOMMEN UND GEHEN

Die erste Quotenfrau ging im Frühjahr, zwei neue kommen in Kürze. Auf diesem boulevardesquen Niveau kommentierte die deutsche Wirtschaftspresse diverse Personalentscheidungen der Deutschen Telekom in diesem Jahr. Die derben Schieflagen in der Berichterstattung sind ebenso durchgängig wie sie unbeachtet blieben. Bei den Besetzungsentscheidungen – wie die jüngste Berufung zweier Telekom-Vorstandsfrauen – diskutiert die Journaille die Qualifikation der Kandidatinnen. Haarklein machen sich die Schreiber über Lebensläufe und Auftreten her. Von Zweifeln an der Eignung, Widerständen bei der Nominierung und unsicherer Wirkung ist süffisant die Rede. Dies mag beim markigen Handelsblatt nicht wundern, das sich schon mit einer Seite 1 Vorberichterstattung zum Sprachrohr der Aufsichtsratsentscheidung machte. Ungewöhnlich ist die unverkennbare Kritik der Süddeutschen Zeitung an der gezielten Frauensuche. Unter der Headline „Frauenfalle“ suggeriert das sonst so hochwertige Blatt, dass die Qualifikation dabei doch nicht immer an erster Stelle stehen könne. Dies erinnert an die Diskussionen über die Aufsichtsratseignung von Frauen und ArbeitnehmervertreterInnen. Bei männlichen Besetzungen, und waren sie auch noch so offensichtlich das Produkt von Seilschaften, werden dagegen kaum Fragen gestellt; statt dessen aber bewundernd gelobt. Deutschlands Gender-Bias wird von der internationalen Presse durchaus wahrgenommen, wie zuletzt von der International Herald Tribune. Auffallend anders kommentieren die Medien den Weggang von Topfrauen. Ob bei der Telekom, beim LKA Hessen oder bei Areva, wo eine der mächtigsten Frauen der europäischen Wirtschaft denVorstandsvorsitz innehatte: Wann immer eine Frau gehen muss, wird auch „ihr“ schlechter Führungsstil thematisiert. Dieser Aspekt entfällt bei ausscheidenden Männern – wie zum Beispiel erstaunlicherweise auch bei Telekom Personalvorstand Sattelberger, der trotz der PR-Erfolgsgeschichte „Quote“ überraschend vorzeitig geht. Auch dies gilt sicherlich als Zeichen des unerschütterlichen Commitment des Konzerns für Fr auen in Führungspositionen. Glaubwürdiges Vorbildverhalten ist tatsächlich dringend geboten, wenn sich wirklich etwas ändern soll. Damit würde auch mehr Normalität in ein geschlechtergemischtes Management der Deutschland AG einziehen. Und diese brauchen wir dringend, sodass nicht jede Personalentscheidung für oder gegen eine Frau mediale Aufgeregtheit mit sich bringen soll. Auch Chefinnen kommen und gehen – na und?