Wie aus weißen Männern wirkungsvolle Verbündete werden
Die Forschung zu Vorurteilen, Barrieren, Privilegien und Macht enthält einen wiederkehrenden Negativposten: alte weiße Männer. Der wachsende Aktivismus (und die zunehmende Polarisierung) verstärken die Schuldzuweisungen an diese Gruppe. Gleichzeitig wird von ihnen erwartet sich als aktive Mitstreiter zu engagieren. Wie soll das gehen?
DEI-Trilogie "Stoppt Polarisierung und Ausgrenzung" - Teil 2: Das Bleichgesicht - erwünschter Mitstreiter oder Quell allen Übels?
Was liefert Inspiration für DE&I? Stimmen, die zuvor nicht gehört wurden, Geschichten, die nicht erzählt wurden, und Barrieren, die nicht sichtbar waren. Ohne all dies gäbe es DE&I heute nicht und die gleichberechtigt sichtbare Vielfalt wird weiterhin der Kern des Konzeptes bleiben. Auf dem Papier werden traditionell dominante, privilegierte oder Mehrheitsgruppen in das Vielfaltsverständnis einbezogen. Dabei dürfen Sie kein Übergewicht erhalten, da es um einen gesunden Lernprozess für alle geht.
Weiße (alte, christliche…) Männer: erwünschte Mitstreiter oder Quell allen Übels?
Vielfältige Ursachenanalysen scheinen sich in einem Punkt klar und einig zu sein: Weiße Männer hatten das Sagen, als unfaire Prozesse, Kriterien und Kulturen etabliert wurden; die Folgen sind bis heute zu spüren. Ähnlich wie bei Klimathemen finden sich die Fehler in der Vergangenheit, sodass die ältere Generation verantwortlich gemacht wird (1). Daher ist Schnittmenge von „weißem Mann“ und „alt“ selbst für einen aktivistischen Pionier schwierig.
Meine Erfahrung als weißer Mann: vom Pionier zum Angeklagten
Als ich in den 2000ern begann, DE&I in Europa zu entwickeln wurden meine Informationen, Erkenntnisse und Empfehlungen respektiert und unterstützt. Heute werde ich immer wieder verächtlich behandelt, angefeindet und gar beschimpft, auch in „Safe Spaces“. Die Flip-it-to-test-it-Methode zeigt, dass diese Reaktionen mit meiner demographischen Identität zu tun haben, wie in diesem Fall. Was mich mehr beschäftigt als diese Erfahrung, ist das Gesamtbild. Ich sehe in DE&I drei ernsthafte Probleme im Umgang (von AktivistInnen und ExpertInnen) mit weißen Männern.
- Wie glaubwürdig kann DE&I sein, wenn weiße Männer nicht in einer positiven, konstruktiven Weise in den Diskurs und die Entwicklung einbezogen werden?
- Wie geht DE&I mit positiven Stereotypen über Frauen und Minderheiten oder negativen Stereotypen über ältere weiße Männer um?
- Wie kann DE&I eine aktive Unterstützung erwarten, wenn Beschuldigungen und die gesammelten Altlasten als Ausgangspunkt des Vorhabens dienen?
Anlässlich eines CEO-Dinners in der Diversity-Woche in Luxembourg habe ich zentrale Gedanken hierzu in einem 5-minütigen Video zusammengefasst, dass Sie auf LinkedIn oder YouTube sehen können.
Wie Identität und DE&I Expertise zusammenhängen – oder auch nicht
Ein Element in der aktuellen Dynamik zwischen „vielfältigen Individuen“ und „weißen Männern“ (2) ist der Wert bzw. die Konnotation, die das Nicht-Weiß-Sein, das Nicht-Männlich-Sein oder das Nicht-Alt-Sein erhalten haben. Der Wert des Andersseins ist kontextabhängig und für die Entwicklung von Organisationen oder Kulturveränderung differenziert zu betrachten:
- Die Sichtbarkeit – zuvor ignorierter – persönlicher Perspektiven und Erfahrungen bleibt die Grundlage, um die Tragweite von DE&I zu verstehen, Einbeziehung zu praktizieren und letztlich ein Gefühl der Zugehörigkeit zu schaffen. Authentische Berichte müssen daher ein Kernbestandteil aller DE&I-Veränderungsprozesse bleiben.
- Organisationsanalysen sowie die Entwicklung und Umsetzung von Change-Strategien erfordern zudem spezifische Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen. Ein Zusammenhang mit vielfältigen Lebenserfahrungen mag hier häufiger sein als bei anderen Qualifikationsanforderungen – es bleiben jedoch unterschiedliche Felder. Wir sollten davon ausgehen, DE&I Expertise im gesamten Spektrum der Identitäten zu finden, auch bei älteren weißen Männern, oder?
Leider begegneten mir in jüngerer Vergangenheit verstärkt Vorannahmen, die die vermutete DE&I Expertise direkt mit Identität verbanden. Dies führte immer wieder zu deutlich negativen Effekten, wenn nämlich persönliche Einzelerfahrungen oder starke Meinungen handlungsleitend werden und dabei belastbare Erkenntnisse ersetzen.
Den Wandel zu DE&I voranzutreiben – auch mit weißen Männern
Anders als noch vor über 20 Jahren wissen wir heute viel über DE&I in Organisationen, einschließlich der Bedeutung von Privilegien und Macht – die traditionell von weißen Männern gehalten wurden. Diese Privilegien durch einen gleichberechtigten Zugang zu Ressourcen, Entfaltung, Entwicklung und auch zu Macht zu ersetzen ist ein Kernanliegen, das durch Evolution oder Revolution erreicht werden kann: Letztere verlangt von weißen Männern, Privilegien und Macht einfach auf-/abzugeben, während erstere zu Reflexion und Einsichten ermutigt, die zu Öffnung für und Einbeziehung von vielfältigen Gruppen führt.
Das Risiko von revolutionärem Aktivismus habe ich bereits dargestellt und wir sehen etliche Anzeichen dafür, dass sich CXOs (insbesondere diejenigen, die weiß oder männlich oder älter sind) im Bereich DE&I angegriffen und nicht unterstützt fühlen. Ihre Fragen und Reaktionen zeigen eine Kluft zwischen persönlicher, identitätsbasierter Agenda (zu der sie glauben, wenig beitragen zu können) und dem was sie als Teil ihrer CXO-Rolle jenseits von symbolischen Auftritten leisten könnten.
Warnsignale von älteren weißen Männern oder von CXOs
Folgende Reaktionen können auf eine entkoppelte Wahrnehmung von DE&I hindeuten
- „Wir sind gut aufgestellt in Sachen Vielfalt, z. B. bei Nationalitäten; was wir brauchen, ist Gleichberechtigung / Leistungsfokus / Integration“.
- „Als Vater einer erwachsenen Tochter …“
- „Vielfalt ist wichtig, der Business Case ist klar. Wir sollten das Thema an vielen Stellen verankern.“
- „Ich verpflichte mich, dass die nächste [CXO oder Führungskraft] [weiblich oder …] sein wird.“
- „Für mich geht es bei D&I nicht ums Geschäft – es ist ein grundlegender/ethischer Wert/eine Überzeugung von uns.“
- „Wir brauchen kein D&I-[Experten-]Training – hören wir einfach auf unsere weiblichen / jungen / … vielfältigen Talente.“
Jede dieser (realen!) Aussagen ist ein Hinweis auf Fehl- oder eingeschränkte Wahrnehmungen des Themas DE&I und mithin auf die Notwendigkeit von Reflexionen und inhaltlicher Weiterentwicklung.
Skepsis in Support verwandeln
Der ENGINEERING D&I-Ansatz zur Einbindung weißer oder männlicher oder älterer CXOs in das Thema Diversity basiert auf unserer Kombination von erkenntnisbasiertem, internationalem und innovativem Denken. Unsere Interaktion mit CXOs nutzt eine spezielle serielle Methodik, die bewusst verschiedene Perspektiven verknüpft, um konstruktive und nachhaltige Entwicklung zu erzielen.
Zu unseren Erfolgen gehören: CXOs, die zu Sponsoren neuer D&I-Strategie wurden, CXOs, die D&I spontan auf einer Führungskonferenz anhand von Live-Beispielen zur Sprache brachten, CXOs, die sich freiwillig als Sponsor für eine IWD/WFT-Veranstaltung zur Verfügung stellen, und andere, die Inclusive Leadership Trainings durchführten, die zu umfangreichen Roadmaps führten.
All diese Beispiele zeigen, dass weiße, männliche oder ältere Menschen zu wirkungsvollen DE&I-Champions und zu inklusiven Führungskräften werden, wenn wir stereotype Schuldzuweisungen oder krasse Anschuldigungen vermeiden und stattdessen Einsichten fördern.
Ergänzende Beiträge
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