Wenn ausländische Bürger in Deutschland wählen dürften …

Eine vom Sachverständigenrat deutscher Stiftungen (SVR) durchgeführte Umfrage, die der Tagesszeitung „Die Welt“ exklusiv vorliegt, zeigt das große Interesse von Ausländern, am politischen Leben in Deutschland teilzuhaben. In Berlin und Stuttgart wurden mit insgesamt 1.220 Ausländern im Rahmen der „Immigrant Citizen Survey“ die Befragungen in 10 verschiedenen Sprachen durchgeführt. Gut die Hälfte der Befragten gab an, im Falle eines Wahlrechts für Immigranten dieses auch nutzen zu wollen, die andere Hälfte der Befragten würde aus mangelndem Politikinteresse und dem Gefühl von keiner Partei vertreten zu werden, nicht wählen gehen.

In Deutschland haben lediglich die Immigranten aus anderen EU-Staaten das kommunale und europäische Wahlrecht, bei Landtags- und Bundestagswahlen dürfen sie nicht wählen. Immigranten aus Nicht-EU Ländern, die immerhin 60% der Bevökerung mit Migrationshintergrund stellen, haben keinerlei Wahlrecht und müssen sich erst einbürgern lassen, was nur durch einen 8-jährigen Aufenthalt in Deutschland und den bestandenen Einbürgerungstest möglich ist. Rund die Hälfte der ausländischen Bevölkerung hat bereits die deutsche Staatsbürgerschaft und somit auch das Wahlrecht.

Interessant ist ein Blick auf die favorisierten Parteien der befragten Ausländer, die allerdings aufgrund der Clusterung der Stichprobe in zwei Städten keine statistischen Rückschlüsse auf die Grundgesamtheit aller Ausländer in Deutschland zulässt. Die SPD liegt demnach bei den Ausländern aus EU-Drittstaaten vorne, mit rund 27% der Stimmen, es folgen die Grünen (20,3%) und die CDU (17,6%). Bei den Ausländern aus Nicht-EU-Staaten erreicht die CDU weniger als 15%, Rot-Grün erreicht entsprechend leicht höhere Ergebnisse. Auch wenn die potenziellen Wähler aus dem Ausland tendenziell nach links neigen, erreicht die Partei Die Linke nicht mehr als 5%, die FDP liegt sogar weit unterhalb der 5%-Hürde.

Die politischen Institutionen der Bundesrepublik sind hinsichtlich der Repräsentation von MigrantInnen weit von der gesellschaftlichen Realität entfernt. Während in der Bevölkerung zwanzig Prozent der Einwohner ausländische Wurzeln hat, sitzen im Bundestag lediglich zwanzig Abgeordnete mit Migrationshintergrund, also drei Prozent. Diese Zahl ist insofern relevant, als dass sich MigrantInnen von diesen besser vertreten fühlen. Laut der „Welt“ ist der Favorit für eine migrantische Kanzlerschaft Cem Özdemir, Parteichef von Bündnis 90/Die Grünen. Aus Diversity-Sicht ist es von Interessen, ob mit der Bundestagswahl 2013 die Repräsentationslücke von MigrantInnen im Bundestag und in der künftigen Regierung kleiner wird.

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