Trauerspiel Islamkonferenz und Integrationsdebatte

Nachdem es ruhig geworden ist um Thilo Sarrazin und seine umstrittenen Thesen zum Thema Integration, trat Anfang des Jahres eine weitere Figur in das Licht der Integrationsdebatte und sorgte für neuen Diskussionsstoff: Hans-Peter Friedrich. Kurz nach seiner Ernennung zum Innenminister behauptete er, der Islam gehöre historisch betrachtet nicht zu Deutschland und sorgte damit für eine Welle der Empörung. Als wäre es nicht schlimm genug, dass es sich der neue Innenminister gleich zu Beginn seiner Amtszeit mit der muslimischen Bevölkerung des Landes verscherzt hat, nein, dieser Minister ist auch dafür verantwortlich, die Deutsche Islamkonferenz (DIK) zu leiten und somit mit den Muslimen in den Dialog zu treten. Dass sich diese beiden Sachverhalte nicht sonderlich gut vereinen lassen, zeigen die heftigen Reaktionen auf Friedrichs Leitung der DIK. Aydan Özoguz, Integrationsbeauftragte der SPD rief gar dazu auf, die Konferenz zu boykottieren, sollte sie unter der Leitung von Friedrich stattfinden. Auch von Seiten der FDP hagelte es Kritik: Markus Löning, Menschenrechtsbeauftragter der Bundesregierung, zweifelt an der Glaubwürdigkeit der DIK und auch das oberste Ziel Friedrichs für die DIK, nämlich die Einführung eines Paktes gegen islamistischen Extremismus und für Sicherheit, hält er für den falschen Weg. Mit dieser Meinung steht er nicht alleine da. Auf allen Seiten herrscht Unverständnis über die Hervorhebung des Sicherheitsaspektes, zumal die an der DIK betroffenen muslimischen Vertreter sich schon lange für dieses Thema einsetzen. So scheint es auch nicht weiter verwunderlich, dass immer mehr Stimmen laut werden, die Islamkonferenz in ihrer jetzigen Form abzuschaffen, da sie weder die beteiligten Gruppen ausreichend repräsentiere, noch zu einem echten Dialog führe. Die Bandbreite reicht dabei von einem einfachen Unverständnis über die Art der Umsetzung der DIK bis hin zu einem satirisch, fiktiven Interview mit Friedrich bezüglich einer „Christenkonferenz über eine Sicherheitspartnerschaft gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern“, in dem er gefragt wird, ob eine solche Sicherheitspartnerschaft angesichts der Millionen von Christen, die sich nie an Kindern vergriffen haben, nicht eine Art Vorverurteilung darstellen würde.

Es ist offensichtlich, dass eine große Unzufriedenheit mit der Islam-Politik des neuen Innenministers und seinem Umgang mit der DIK, doch auch mit der DIK als solcher herrscht. Bei all den populistisch geprägten Debatten sollte jedoch nicht vergessen werden, worum es tatsächlich gehen sollte: den Dialog mit Muslimen und ein besseres Zusammenleben in der Gesellschaft, welches nicht durch Ängste und Vorurteile, sondern durch Wertschätzung geprägt ist. Dazu ist es sehr fraglich, ob das Thema „Islam“ überhaupt beim Innenministerium angesiedelt sein sollte – einer der vielen fragwürdigen Aspekte der Bearbeitung von „Diversity“ in zahlreichen verschiedenen Ressorts der Bundesregierung. Es ist also noch ein langer Weg zu einer integrierten Vielfalts-Gesellschaft, der weiterhin gesäumt wird von Machtfragen, ideologischen Auseinandersetzungen und anderen Aspekten, die den Integrationsprozess in die Länge ziehen.