Spitzenfrauen in den Medien unterbelichtet

Frauen bilden in Spitzenpositionen nicht nur eine Minderheit, auch die Medien berichten seltener und weniger exponiert über sie. Publizistinnen aus Berlin und Lüneburg untersuchen nun das Bild weiblicher Führungskräfte in den Medien. Das Ergebnis des Forschungsprojekts „Spitzenfrauen im Fokus der Medien“ der Freien Universität Berlin und der Universität Lüneburg belegt, dass tatsächlich auch in der Berichterstattung ein Missverhältnis vorhanden ist: auch hier dominieren männliche Spitzenkräfte die öffentliche Wahrnehmung.

Die Untersuchung zeigt, dass sich immerhin 30% der Mediennennungen aus der Politik auf Spitzenpolitikerinnen beziehen. Dies ist jedoch dem „Merkel-Faktor“ geschuldet: Fast zwei Drittel

aller Meldungen entfallen allein auf die Kanzlerin, deren mediale Omnipräsenz ihrem Amt zuzuschreiben ist. Im Vergleich zu allen anderen PolitikerInnen ist sie – entsprechend – die mit Abstand am häufigsten genannte Person. Bei anderen Spitzenpolitikern scheint das Geschlecht durchaus einen Einfluss zu zeigen, da unabhängig von der Bedeutung des jeweiligen Ressorts über weibliche Bundesminister grundsätzlich weniger berichtet wird als über männliche.

Ein ähnliches Bild zeichnet die Studie in anderen Sparten. Spitzenfrauen aus der Wissenschaft sind 11% der Berichte gewidmet – in Wirtschaftsberichten sind es sogar nur 4%. Auch die Art der Berichterstattung begünstigt ein negatives Frauenbild. Während Frauen häufig als „Powerfrau“, „Femme fatale“ oder „Mutter der Nation“ tituliert werden, sind Vergleiche wie „Löwe“, „Held“ oder „Alphatier“ Männern vorbehalten. Erfolgreiche Forscherinnen würden noch immer als Ausnahmephänomene dargestellt und für eine erfolgreiche Unternehmerin sei es weiterhin wahrscheinlicher, auf einer Gala im Abendkleid als bei der Arbeit im Hosenanzug abgebildet zu werden.

In der Diskussion über die Studienergebnisse kommt die Henne-oder-Ei-Frage deutlich zu kurz: Wie groß ist der Einfluss der niedrigen weiblichen Medienpräsenz auf die geringe Vertretung von Frauen in Top-Positionen? Bekanntheit und Sichtbarkeit sowie das Besetzen wichtiger Themen bilden bekanntlich eine Voraussetzung für eine mögliche Nominierung. Renate Künast, Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, verfällt angesichts der Studienergebnisse lediglich auf die einfältig anmutende Forderung einer 40-prozentigen Frauenquote für Aufsichtsräte. Ob eine derartige Verpflichtung im Land der Regelungswut akzeptiert würde, darf bezweifelt werden.