Migranten weiterhin kaum in kommunaler Arbeit integriert
Die Vielfalt der Gesellschaft ist besonders in den Großstädten sichtbar, wo zum Teil jeder dritte Einwohner einen Migrationshintergrund hat. Doch spiegelt sich diese Vielfalt auch in den Vertretungsgremien der BürgerInnen, den Stadträten, wider? Das Max-Planck-Institut untersuchte zur Erforschung multireligiöser und multiethnischer Gesellschaften im Auftrag der Heinrich-Böll-Stiftung die Räte aller deutschen Städte mit mindestens 100.000 Einwohnern, ausgenommen Berlin, Hamburg und Bremen. Das Ergebnis dürfte wenig überraschen, denn ähnlich wie in vielen anderen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens, wird auch in den Stadträten die kulturelle Vielfalt der Gesellschaft nicht einmal annähernd reflektiert. Insgesamt sind nur 4% der 4.670 untersuchten Ratsmitglieder MigrantInnen, wobei sich jedoch deutliche Unterschiede zwischen den Städten zeigen. Während Frankfurt am Main mit 15 Menschen die meisten migrantischen Räte einer deutschen Großstadt vorweist und auch Offenbach, Duisburg, Ludwigshafen und Stuttgart relativ hohe Werte erzielen, gibt es auf der anderen Seite Großstädte, in denen kein einziges Ratsmitglied einen Migrationshintergrund in die kommunale Entscheidungsfindung einbringt. Darunter Mannheim, Heilbronn, Ingolstadt und Hagen. Auch ein Blick auf die einzelnen Parteien bringt große Unterschiede bei der Besetzung der Räte ans Licht: Die Linke und die Grünen scheinen mit Anteilen von acht und sieben Prozent die beliebtesten Parteien für MigrantInnen zu sein. Die SPD hingegen erreicht nur eine Quote von 5%, wobei die CSU/CDU und die FDP mit jeweils 2% das Schlusslicht bilden. Schaut man sich die vertretenen Nationen genauer an, fällt auf, dass Deutschtürken die Mehrheit der repräsentierten Länder bilden, gefolgt von verschiedenen europäischen Nationen. Auch Frauen mit Migrationshintergrund engagieren sich überproportional häufig für die Kommunalpolitik.
Für die meisten der untersuchten VertreterInnen spielt der Migrationshintergrund für das eigene Selbstverständnis kaum eine Rolle. Dennoch glauben Viele, durch ihre Ratsmitgliedschaft etwas für die Menschen mit Migrationshintergrund erreichen zu können. Aufgrund des eigenen Migrationshintergrundes vor allem auf Fragen der Integrationspolitik beschränkt zu werden empfinden indes die meisten von ihnen nicht als schwierig, auch wenn fast die Hälfte der PoltikikerInnen angab, zumindest teilweise zuerst als MigrantIn und dann als PolitikerIn gesehen zu werden. Zu Anfeindungen aufgrund der Herkunft kam es aber bei den meisten während ihrer Ratstätigkeit bisher nicht.
Im Landkreis Göttingen wurde die Integration von BürgerInnen mit Migrationshintergrund indes als wichtiges Thema erkannt. Daher entwickelte die Kommune die Idee, einen eigenen Integrationsplan zu erstellen. Derzeit befindet sich Göttingen in der zweiten Phase einer Integrationsstudie, die Auskunft über den Stand der Integration in der Region geben soll und damit als Vorlage für den Integrationsplan dienen soll. Um einen wirklich passenden Integrationsplan auszuarbeiten finden im Juni 2011 eine Reihe von Veranstaltungen in Duderstadt, Göttingen und Hann. Münden statt. Dabei sollen BürgerInnen und ExpertInnen die Möglichkeit erhalten, zu den bisher gewonnen Ergebnisse Stellung zu beziehen und aktiv an der Ausarbeitung des Integrationsplanes mitzuwirken.
Im Landkreis Konstanz wurde kürzlich die aus einem deutsch-ägyptischen Elternhaus stammende Lehrerin Dunja El Missiri in den Kreisjugendhilfeausschuss berufen, um muslimischen SchülerInnen in öffentlichen Gremien eine Interessenvertretung der eigenen Glaubensrichtung zu geben. In Rödermark stellt ein Netzwerk für Integration einen Baustein der kommunalen Migrationsarbeit dar.