Mangelnde Vereinbarkeit von Familie und Beruf führt zu Talent-Engpass
Als die Schwangerschaft von Bundesfamilienministerin Kristina Schröder bekannt wurde, gab sich die werdende Mutter kämpferisch: „Wir werden dann vor den gleichen Herausforderungen stehen wie viele andere Paare in Deutschland, bei denen beide beruflich sehr gefordert sind,“ sagte sie vor der Geburt ihres Kindes. Das politische Berlin hat indes von der Niederkunft der Spitzenpolitikerin wenig mitbekommen, aber ganz so reibungslos wie bei der Ministerin ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie offenbar nicht überall. Im Gegenteil: Jede zweite Frau verzichtet wegen mangelnder Unterstützung in dieser Hinsicht auf ihre Karriere – das geht aus einer Studie der Personalberatung Rochus Mummert hervor. Das Unternehmen hat Frauen im mittleren Management befragt und das Ergebnis dürfte die Familienministerin kaum erfreuen: 48 Prozent der befragten Führungspersonen aus dem mittleren Management gaben an, auf einen Karriereschritt verzichtet zu haben, weil die Vereinbarkeit von Familie mit dem beruflichen Aufstieg nicht möglich war. Die häufigsten Hürden: Unflexible Arbeitszeiten, zu starre Arbeitszeitmodelle oder fehlende Betreuungsmöglichkeiten. Das Ergebnis ist nach Einschätzung von Personalberatern und Diversity-Experten alarmierend – immerhin ist das mittlere Management die Rekrutierungsquelle schlechthin für Positionen im oberen und im Topmanagement. Studienleiter Bernhard Walter findet daher deutliche Worte: das Ringen um eine Frauenquote werde „weit ab von der täglichen Realität“ ausgetragen. Neben konkreten Maßnahmen müsse auch ein Mentalitätswandel eintreten und „Unternehmen sollten [abwesende] Mitarbeiterinnen nicht vergessen, sondern sie ständig mit allen wichtigen Informationen versorgen“, sagt Walter. Diversity-PraktikerInnen kennen Kontaktprogramme während Elternzeit, Auslandseindsatz oder Sabbaticals längst als bewährte Praxis. Bewusst gestaltete Kulturveränderungsstrategien im Sinne von Diversity stellen allerdings weiterhin die Ausnahme dar.
Um hochqualifizierte MitarbeiterInnen auch langfristig für Karriere zu begeistern setzen Unternehmen verstärkt auf Job-Sharing-Modelle. Dieses Beschäftigungsvariante ist bei Frauen offenbar besonders stark gefragt, wie eine Studie von „Working Families“ und „Capability Jane“ herausgefunden hat. Bei einer Befragung gaben 61 Prozent der weiblichen Mitarbeitenden an, dass sie ein entsprechendes Angebot wahrnehmen würden. Neun von zehn Befragten erklärten gar, dass das Job-Sharing ihnen die Entscheidung erleichtern würde, langfristig für ihren derzeitigen Arbeitgeber tätig zu bleiben. Ein offensichtlicheres Rezept zur Vermeidung des drohenden Management-Drains kann man den Arbeitgebern wohl nicht ausstellen.