Jenseits der Netzwerk-Delegation: Instrumente für die Gender Diversity Arbeit
Mehr Frauen in Führungspositionen – in dieser übergeordneten Zielsetzung sind sich Wirtschaft und Politik einig. Bei der Beurteilung der bisherigen Aktivitäten bestehen jedoch erhebliche Interpretationsunterschiede, auch zwischen Männern und Frauen sowie zwischen Diversity-Experten und Personalern. Ungern gestehen lang gediente Praktiker ein, dass die vielen (Frauen)Programme der letzten Jahre weniger Veränderung als erhofft bewirkt haben. Inhaltlich fundierte, evidenzbasierte Modelle wie z. B. zu Gender-Unterschieden oder zu Diversity-Barrieren liefern Erklärungen für die geringen Fortschritte und geben Anregungen, wie es besser geht.
Messbare Verbesserungen erzielen Unternehmen nur, wenn sie die relevanten Barrieren koordiniert bearbeiten. Jahrelang konzentrierten sich Praktiker häufig nur auf eine Kategorie, z. B. ungewollt selektive Personalprozesse oder fehlende Infrastruktur. Schön länger war deutlich geworden, dass Veränderung nur dann nachhaltig sein kann, wenn die Unternehmenskultur zeitgleich weiter entwickelt wird. Nach Recherchen von Ungleich Besser Diversity Consulting zeigen über zwanzig wissenschaftliche Studien, dass die Barrieren für Vielfalt im Unternehmens- und vor allem Führungskontext in verschiedenen Bereichen verankert sind und sich gegenseitig stützen bzw. fördern. Ein über Jahre hinweg verfeinertes Modell beschreibt sechs Arten von Barrieren in drei Kategorien: Individuell (Präferenz für Gleichzeit und negative Stereotype über Andere), zwischenmenschlich (Bewertungsbias und Micro-Inequities) und organisational (Monokulturen und selektive Prozesse).
Dass sich Geschlechterunterschiede in allen Bereichen zu Ungunsten von Frauen bzw. von weiblichen Ansätzen auswirken können, zeigt indes ein zweites Modell von Ungleich Besser. Aus über 30 Gender-Studien leiteten die Forscher zwei Cluster von männlichen und weiblichen Ansätzen ab, die wohlgemerkt nicht einseitig Männern und Frauen zugeschrieben werden. Damit können auch die vielen Ausnahmen erklärt werden, die es sowohl unter Männern wie auch unter Frauen gibt. Die Anwendung des Modells zeigt jedoch, dass Frauen in vielen Fällen im Ergebnis schlechter abschneiden – auch wenn sie die gleichen männlichen Ansätze verfolgen, die Männer erfolgreich macht. Dies gilt zum Beispiel für eine starke Umsetzungsorientierung, die bei Männern positiv als „Macher“ gewertet wird, bei Frauen häufig als hektisch oder aktionistisch interpretiert wird.
Auch das Bonding, das bei Männern als positiver Aspekt der gegenseitigen Loyalität gewertet wird, erscheint bei Frauen in anderem Licht. Frauennetzwerke müssen sich daher deutlich gegen die Wahrnehmung absetzen, sie wollten eine subversive Revolution anzetteln und gegen die Männer vorgehen. Das wissenschaftlich fundierte Barrierenmodell stellt traditionelle Frauennetzwerke ohnehin grundsätzlich in Frage, da sie keinen Einfluss auf einen Barrierentypus haben. Vor allem nicht auf die Monokultur, die sie als Gegenveranstaltung natürlich nicht verändern können. Aus Sicht der dominanten Kultur bilden sie lediglich ein lästiges Störelement.
Gender Diversity Netzwerke oder andere Netzwerke, die aus Haupt- und Randkulturen bestehen, haben dagegen sowohl eine höhere Akzeptanz als auch eine gute Chance, positiv auf die Unternehmenskultur zu wirken.
Aus dem Barrieren- und dem Gender-Modell leiten sich weiterhin wichtige Handlungsfelder im Bereich der HR Prozesse ab. In diesem Umfeld zeigen sich umfangreiche, wenn auch häufig kleine Benachteiligungen für Frauen. Diese Schieflagen wirken sich jedoch in der Summe und über Jahre sehr signifikant im Sinne einer Benachteiligung für Frauen aus.
Das genannte Barrierenmodell ist im Fachbuch „Diversity & Inclusion: Das Potenzial-Prinzip“ veröffentlicht.
Das Gender-Modell findet Anwendung in den Diversity-Trainings von Ungleich Besser oder bei Veranstaltungen.