Inspiration von europäischen Nachbarn
Bei einem lebendigen Panel in Luxemburg diskutierten Diversity-Chartas aus Brüssel, Italien und Luxembourg über Wirkung, Nutzen und das neue Diversity-Barometer.
Bühne frei in Luxemburg
Am 5. Dezember 2023 durfte ich im Abbaye de Neumünster in Luxemburg ein europäisches Panel moderieren. Gastgeber waren IMS Luxembourg und die Diversity-Charta Lëtzebuerg. Rund 50 UnternehmensvertreterInnen, neue UnterzeichnerInnen der Charta sowie drei Gäste aus europäischen Diversity-Initiativen waren vor Ort: Emmanuelle Verhagen aus Brüssel, Luca Maria Recalcati aus Italien und Célia Vadala aus Luxemburg. Die zentralen Fragen des Tages waren: Wie schaffen wir echte Wirkung, wie machen wir Vorteile sichtbar – und wie messen wir Fortschritt über Ländergrenzen hinweg?
Von Aktionen zu echter Wirkung
Vielfalt wird oft über Aktionismus sichtbar: Awareness-Days, Kampagnen oder Trainings. In meinem Einstiegsgespräch mit Emmanuelle ging es daher direkt um die Kernfrage: Wie wird daraus Wirkung? Emmanuelle berichtete, wie die Brüsseler Charta die Balance hält zwischen sichtbaren Aktivitäten und tiefgehender Verankerung. Die Botschaft war klar: Wirkung entsteht erst, wenn auch diejenigen erreicht werden, die sich bislang kaum mit Vielfalt befassten – SkeptikerInnen ebenso wie die stille Mehrheit.
Vorteile, die alle überzeugen
Das zweite Thema des Panels drehte sich um Nutzen und Vorteile. Die Forschung zeigt seit Jahrzehnten: Vielfalt steigert Innovationskraft, Resilienz und Performance. Dennoch bleiben diese Befunde oft Zitate ohne Wirkung. Luca brachte die italienische Perspektive ein: Mit über 900 UnterzeichnerInnen, überwiegend KMUs, musste die italienische Charta Diversity jenseits von Ideologie verankern. Sein Credo: Diversity als Wettbewerbsfaktor begreifen, ideologiefrei und praxisnah. Nur wenn Führungskräfte den geschäftlichen Mehrwert erkennen, wird das Konzept Teil der Unternehmensstrategie.
Fortschritt messen – über Zahlen hinaus
Zahlen dominieren die Diskussion: Kennzahlen, umstrittene Zielvorgaben oder gar vorgegebene Quoten. Doch sagen diese wirklich genug aus? Mit Célia Vadala, Koordinatorin des neuen europäischen Diversity-Barometers bei der Luxemburger Charta, sprachen wir über ein differenzierteres Verständnis von Fortschritt. Sie erklärte, dass das Barometer nicht nur Benchmarks zwischen Ländern liefert, sondern auch Reflexion im eigenen Unternehmen anstößt. Messen bedeutet hier weniger Kontrolle, sondern vor allem Lernen und Weiterentwickeln.
Ein europäischer Austausch mit Mehrwert
Im Verlauf des Gesprächs entwickelte sich ein echter europäischer Dialog. Jede Charta berichtete über aktuelle Herausforderungen: Widerstände abbauen, unterschiedliche Reifegrade begleiten, Vielfalt in Kernbereiche wie Marketing oder F&E einbetten. Meine Frage nach europäischen Gemeinsamkeiten führte zu spannenden Antworten: mehr interkulturelle Zusammenarbeit, stärkere EU-Rahmenwerke und Strategien, die Backlash nicht nur abwehren, sondern in Fortschritt übersetzen.
Engagiertes Publikum
Auch das Publikum in Luxemburg brachte sich aktiv ein. Fragen drehten sich um Prioritäten („Haben wir nicht schon genug getan?“), Ressourcen („Wie können KMU ambitioniert agieren und dabei realistisch bleiben?“) und gesellschaftliche Spannungen („Wie konkurriert Diversity mit Klimathemen um Aufmerksamkeit?“). Dabei zeigte sich erneut: Organisationen bewegen sich auf sehr unterschiedlichen Niveaus – doch genau diese Vielfalt bietet Lernchancen.
Blick nach vorn – der Diversity-Barometer
Besonders eindrucksvoll war die Vorpremiere des Luxemburger Diversity-Barometers, den Célia mit zehn europäischen Partnern entwickelt hat. Das Tool erlaubt Unternehmen, sich länder- und branchenübergreifend zu positionieren, Stärken und Lücken zu identifizieren und konkrete Maßnahmen zu planen. Für viele Teilnehmende war dies ein Aha-Moment: europäische Kooperation wird so zu einem Hebel für innerbetriebliche Weiterentwicklung.
Fazit: Von Inspiration zu Umsetzung
Die Moderation dieses Panels hat mir einmal mehr gezeigt, wie wertvoll der europäische Austausch ist. Nationale Unterschiede bleiben wichtig, doch die europäische Dimension schafft Inspiration, Vergleichbarkeit und Legitimität. Mit den drei Schwerpunkten Wirkung, Nutzen und Messung können wir Diversity-Strategien nicht nur wirksamer, sondern auch widerstandsfähiger gestalten. Das Panel in Luxemburg war damit mehr als ein Erfahrungsaustausch – es war ein Signal, dass die europäischen Diversity-Charta-Initiativen bereit sind, die nächste Entwicklungsphase aktiv zu gestalten.