Herr Professorin?

Die Universität Leipzig beschließt die Einführung der weiblichen Schreibweise für ihre HochschullehrerInnen in ihrer Hochschulsatzung – und zwar nur dort (!) – und versetzt ganz Deutschland damit in Aufruhr. Land auf, Land ab diskutiert man und frau über Sinnhaftigkeit und Politikgehalt von Grammatikregeln. Dabei ist der Blick auf das Wesentliche in den Hintergrund geraten: die wirtschaftliche Gleichberechtigung.

Mit dem Vorstoß, in der Grundordnung der Universität Leipzig – und wohl gemerkt ausschließlich in dieser – feminine Personenbezeichnungen für beide Geschlechter zu verwenden, will die Institution verdeutlichen, dass heutzutage Frauen an der Uni Leipzig die Mehrheit bilden. Unlängst stellte die Uni als Reaktion auf die vielfach falsche Berichterstattung klar, dass sich im alltäglichen Sprachgebrauch dagegen nichts ändern soll. Unterdessen haben sich die Medien in hektisches Diskutieren und Kommentieren über und zu allgemeinen Sprachregeln gestürzt und den Sinn dieser Entscheidung frech und frei mit Null angesetzt. Bei all der Aufregung bleibt die Frage, weshalb die Ergänzung eines Wortes um zwei Buchstaben ein solches Medienecho nach sich zieht. Auch an besagter Uni wundert sich die Rektorin „dass dieser weder logisch noch formal zu beanstandende Akt in einem Land, in dem Männer und Frauen gleichberechtigt sind, auf so viel öffentliche Beachtung trifft.“ Offensichtlich gebe es trotz diverser gesetzlicher Regelungen noch erhebliche Defizite auf diesem Gebiet. Die Süddeutsche Zeitung bringt es in diesem Zusammenhang auf eine einfache Rechnung. Die Wirtschaftsmacht Deutschland könne es sich nicht leisten, die gesamte Gesellschaft in seinem Schulsystem auszubilden und dann nur die Hälfte des Potenzials zu nutzen.

Bei Lichte betrachtet brächte selbst eine konsequente Umstellung der Geschlechterschreibweise in der gesamten deutschen Sprache nur eines mit sich: Die Umkehrung des bisherigen Fehlers – nämlich bei der männlichen Form alle ‚mitzumeinen’, insbesondere auch die Frauen – in einen neuen Fehler – nämlich bei der weiblichen Form alle ‚mitzumeinen’, insbesondere auch die Männer. Die Heftigkeit und Emotionalität der Reaktionen kann insofern nur eines sein: Ein Gradmesser für die Verletztheit, die eine große Gruppe erfährt, wenn sie durch plumpe Formulierungen ausgeschlossen wird. Es geht also nicht nur um unsinnige Feinheiten politisch korrekter Sprache, sondern um nachvollziehbare, menschliche Bedürfnisse. Danke, Leipzig, für diese Lektion an die Nation.