Grundstein für Vielfalt & Offenheit: Bildung(sreform)
Diversity gewinnt auch in Deutschland zunehmend an Bedeutung. Dies ist das Ergebnis aktueller Praxisstudien und
Medienbeobachtungen zu diesem Thema. Für eine erfolgreiche Umsetzung des Management Ansatzes und der damit
verbundenen Veränderungen bedarf es einer Beachtung des Kontextes. Beispielhaft soll dies für den Bereich der
Bildung beleuchtet werden. Wie es um um das Bildungssystem in Deutschland im internationalen Vergleich bestellt ist, zeigt die PISA-Studie der Jahre 2000 und 2003. Bei PISA 2000 lagen die Leistungen der SchülerInnen aus Deutschland in allen Kompetenzbereichen signifikant unter dem internationalen Durchschnitt. Bei PISA 2003 befinden sich die Mittelwerte für Deutschland in den Kompetenzbereichen Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften auf internationalem Durchschnittsniveau; die Problemlösekompetenz liegt darüber. PISA 2003 zeigt in Deutschland weiterhin starke Leistungsdifferenzen zwischen Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund. Dieses Ergebnis legt nahe, dass das derzeitige Bildungssystem die Vielfalt unserer Gesellschaft nicht ausreichend berücksichtigt. Darüber hinaus besteht die Frage, ob die Bildung in Deutschland geeignet ist, für SchülerInnen zeitgemäße Grundlagen für deren späteres Leben in einer von Vielfalt geprägten Welt zu schaffen. Hierbei wäre zu prüfen, inwieweit Basiskompetenzen für die Anerkennung und Wertschätzung von Unterschieden – zum Beispiel der Geschlechter – vermittelt werden. Weiterhin ist zu fragen, ob ein positiver Umgang mit Verschiedenheit vermittelt wird, zum Beispiel durch geeignete Lernmethoden wie gemischt-geschlechtliche oder inter-kulturelle Gruppenarbeit. Historisch bedingt neigt das deutsche Bildungssystem dazu, die Unterschiede zwischen Kindern und Jugendlichen zu nivellieren. Andererseits bestehen Regelungen, die eine diskriminierende Wirkung haben. So kann zum Beispiel bei der Einschulung eine Überweisung in den Schulkindergarten erfolgen, wenn Defizite in der deutschen Sprache festgestellt werden. Dies trifft allerdings auch oder vor allem Kinder von MigrantInnen, bei denen jedoch das Leistungsniveau in der Muttersprache kaum oder keine Berücksichtigung findet. Zusätzlich kann eine indirekte Diskriminierung dadurch erfolgen, dass anfängliche Sprachdefizite überbetont werden. Dieser Mechanismus bewirkt die Bestätigung und Aufrechterhaltung von Vorurteilen sowie einen Leistungsabfall in der mit Vorurteilen bedachten Gruppe. Obwohl sich dieser Effekt bei den in der Vergangenheit betroffenen Mädchen im Vergleich zu den Jungen abgeschwächt hat weiblicher Schüler weisen heute im Durchschnitt bessere Noten auf als männliche – zeigen sich immer noch starke Divergenzen in der späteren Berufswahl. Dies mag auch mit der Frage fehlender Ganztagsschulen in Zusammenhang stehen. Junge Frauen, die möglicherweise einen Kinderwunsch haben, oder sich diesen offen halten möchten, werden kaum Karrierewege einschlagen, in denen Teilzeit bekanntermaßen wenig anerkannt ist, während es andererseits noch wenig Ganztagsschulen angeboten werden. In diesem Bereich zeichnet sich allmählich eine Veränderung ab. So werden laut Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn ab dem kommenden Schuljahr in ganz Deutschland mindestens 5.000 neue Ganztagsangebote bereit stehen. Bulmahn dazu: „Mit dem Ganztagsschulprogramm und der Betreuung für die unter Dreijährigen schafft die Agenda 2010 der Bundesregierung neue Möglichkeiten für unser Land.“ Der Aus- und Aufbau von Ganztagsschulen sei nicht bloß eine Investition in Beton. Mit den neuen Ganztagsschulen könnten moderne pädagogische Konzepte umgesetzt werden. Viele Ganztagsschulen führten einen rhythmisierten Tagesablauf ein, stellten die Bedürfnisse der Kinder in den Mittelpunkt und motivierten auch die Lehrerinnen und Lehrer sowie die pädagogischen Fachkräfte. „Ganztagsschulen ermöglichen damit besseres Lernen,“ sagte Bulmahn. In diesem Kontext bleibt zu hoffen, dass auch zukunftsweisende Inhalte und Methoden, die auf ein Leben in Vielfalt und einen geschlechterdemokratischen Umgang aktiv und gezielt vorbereiten, bei der Erweiterung des Bildungsansatzes berücksichtigt werden. So könnte sichergestellt werden, dass Arbeitgeber in Zukunft MitarbeiterInnen einstellen können, die – anders als heute – bereits über eine grundlegende Vorbildung zu Vielfalt und Kompetenzen im Umgang und in der Nutzung von Unterschieden verfügen.
Alter Ethnie; Herkunft; Migration; Kultur Gender Sprache Deutsch