Gender – Models 3.0
Die anhaltende Diskussion über Frauen in Führungspositionen, die Gestaltung verschiedener Lebensbereiche und oftmals sogar des weiblichen Erscheinungsbildes zeigt wie stark und starr Rollenbilder von Mann und Frau gesellschaftlich verankert sind. Die betriebliche Realität ist hier zumindest teilweise weit von Normalität und mitunter auch von Realität entfernt. Ein Blick in das internationale Geschäft mit Mode und Werbung zeigt ganz neue, unerwartete Perspektiven.
Wie natürlich dürfen – oder sollten – Models auf den Laufstegen und Titelblättern sein? Während ein Teil der Gender- und Medien-Communities noch hierüber streitet, haben bereits ganz andere Schönheiten das Terrain erobert und sprengen die allzu eng gesetzten Rollenbilder. Mit Casey Legler, einer 35-jährigen Künstlerin und ehemaligen Profischwimmerin mit einem fröhlichen Zahnlückenlächeln und maskulinen Gesichtszügen, hat die renommierte Agentur Ford-Models erstmals eine Frau als Männermodel unter Vertrag genommen. Dabei ist sie nicht eine der androgynen Frauen, die in männlich inspirierten Looks für Magazine posiert, sondern eine Frau, die exklusiv als Mann modelt. Sich selbst in der Riege der schönsten Männer wieder zu finden, empfindet Legler als Lust nach Freiheit. Es sei eine Art zu zeigen, wie erstickend strikte geschlechtsspezifische Rollen sein können.
Der revolutionäre Trend der Auflösung der Geschlechtergrenzen begann mit Lea T, einem transsexuellen Model aus Brasilien, das das Gesicht von Givenchy und das Covergirl von Hochglanzmagazinen wie Elle wurde. Auch Andrej Pejic, ein australisches Model serbisch-kroatischer Herkunft, gehört zu dieser Riege. Er ist das einzige Model, das sowohl Herren- als auch Damenmode für namhafte Marken wie Gaultier präsentiert. Im Jahr 2011 belegte er Rang 16 unter den Top 50 der männlichen Models und wurde gleichzeitig unter den britischen FHM „100 Sexiest Women“ gelistet.
Derweil beharrt unsere Gesellschaft auf klaren Vorstellungen, welche Eigenschaften uns als Mann oder Frau charakterisieren. „Diese Affinität zur holzschnitthaften Vereinfachung behindert die potenzial-orientierte Gender-Diversity-Arbeit“, weiß Diversity-Experte Michael Stuber aus langjähriger Erfahrung. Er hat mit seinem Team aus einer Vielzahl wissenschaftlicher Studien ein Geschlechtermodell entwickelt, das die klassische Aufteilung reduziert und dennoch Erklärungen ermöglicht. Ein Sowohl-als-auch-Ansatz, wie ihn auch die neuen, revolutionären Models verfolgen. Ihre Präsenz in den Medien und auf den Laufstegen trägt dazu bei, geschlechtsspezifische Grenzen durchlässiger und flexibler zu machen. Und vielleicht können ja schon bald Männer und Frauen einfach so sein, wie sie sind…