Frauenbeschäftigung schwierig = Geburtenrate niedrig

Nun ist es auch in der Mitte der Gesellschaft angekommen: „Immer weniger Frauen bekommen überhaupt Kinder“ meldet der Usinger Anzeiger und berichtet über einen Abend des Lions-Club in der Hugenottenkirche, an dem die demographische Entwicklung und Migrationsbewegungen präsentiert und diskutiert wurden. Dabei blieb auch die Fluktuation älterer Menschen, die vom Hintertaunus zu ihren Kindern in den Vordertaunus ziehen, nicht unerwähnt. Die Diskussion erörterte auch die Gründe der rückgängigen Geburtenraten als andauerndes Basisphänomen des demographischen Wandels. Von einer Kultur der Kinderlosigkeit und gar von Kinderfeindlichkeit war laut Usinger Anzeiger die Rede, aber auch von schwierigen Zuständen in der Arbeitswelt. Tatsächlich zeigen internationale Vergleiche, dass dort die Häsin im Pfeffer zu liegen scheint. OECD Berechnungen belegen, dass Länder mit hohen Beschäftigungsquoten von Frauen und geringen geschlechtsspezifischen Lohnunterschieden höhere Geburtenraten aufweisen – und zwar mit diesem Zusammenhang. In Deutschland dagegen bleiben Frauen weitgehend auf (schlecht bezahlte) Frauenberufe mit hohem Stereotypenpotenzial begrenzt: Rund 75 % aller weiblichen Auszubildenden absolvieren ihre Lehre in gerade einmal 25 Berufen, vor allem Verkäuferin, Bürokauffrau, Friseurin und Arzthelferin. Die alljährlichen Girls Days sollten eigentlich zu einem Abbau der geschlechtsspezifischen Berufswahl beitragen, aber feststehende Geschlechterrollen bewirken weiterhin, dass in vielen Bereichen des Arbeitsmarktes die Trennung zwischen Frauen und Männern stärker ist, als in der Gesamtgesellschaft. „Insgesamt ändert sich aber an der Teilung in Frauen- und Männerberufen nur sehr wenig“, so die Einschätzung von Britta Matthes, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Gleichzeitig zeigt der Wertewandel, dass (jüngere) Frauen immer weniger bereit sind, sich auf die stereotypische Hausfrau-und-Mutter-Rolle einzulassen. „Dies trägt offensichtlich wesentlich dazu bei, dass sich Frauen gegen Kinder entscheiden“, kommentiert Diversity-Experte Michael Stuber den allseits bedauerten Trend. Eine kulturelle Veränderung im Geschlechterverständnis sei zusätzlich zu den gezielten Programmen dringend erforderlich, um diesen zum gewünschten Erfolg zu verhelfen.