Deutsche Bahn: Onlinekompetenztest für BewerberInnen statt Auswahl nach Schulnoten
Wer sich ab Herbst 2014 bei der Deutschen Bahn für einen Ausbildungsplatz oder ein Duales Studium bewirbt, braucht keine Absage aufgrund von Schulnoten zu fürchten. Das Unternehmen kündigte an, nicht länger die Zeugnisse für eine Vorauswahl heranzuziehen, sondern auf einen Onlinetest für alle Schüler umzusteigen.
Fachliche oder persönliche Kompetenzen – während der letzten Jahrzehnte vollzog sich eine schleichende Verschiebung der Bedeutung von angeblich harten zu angeblichen soften Skills. Diese Begrifflichkeit wird durch den anstehenden Paradigemenwechsel, den die Deutsche Bahn als einer der größten Arbeitgeber Deutschland vollziehen wird, endgültig umgekehrt: Die bisherigen weichen, wenig greif- und messbaren und daher kaum relevanten Faktoren werden in den Mittelpunkt des Personalauswahlprozesses gestellt. Damit will die Deutsche Bahn bei der Ausbildungsplatzvergabe mehr als bisher auf die individuellen Talente und Potenziale der BewerberInnen eingehen und audie sozialen und kognitiven Kompetenzen der KandidatInnen fokussieren. Diese lassen sich eben nicht durch Schulnoten ausdrücken und bei der Bahn zählen künftig „Pflichtbewusstsein oder technisches Verständnis […] manchmal mehr als die eins oder die vier minus in Mathe“, so Personalvorstand Weber. Um möglichst valide Ergebnisse zu erzielen soll sich der künftige Test sowohl an der eingeschlagenen Fachrichtung der BewerberInnen wie auch an den Bedarfen und Anforderungen der verschiedenen Unternehmensbereiche orientieren und daher unterschiedliche Inhalte aufweisen. Als besonderen Service schlüsselt die Bahn die Ergebnisse des Tests für die Bewerber auf, um so jeder/m Teilnehmer/in ein individuelles Feedback zu ermöglichen und wenn möglich der/m Bewerber/in einen (anderen) geeigneteren Ausbildungsplatz vorzuschlagen.
Gerade aus Sicht von Diversity stellt das Abrücken von scheinbar objektiven Noten ein probates Mittel, Potenziale jenseits der starren Schulbewertung zu identifizieren. Dies unterstreicht der aktuelle Bericht der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) „Diskriminierung im Bildungsbereich und Arbeitsleben“ (siehe separater Artikel), der einmal mehr das strukturelle Diskriminierungspotenzial etwa von SchülerInnen mit Behinderung oder Migrationshintergrund belegt – gerade bei der Notenvergabe. Die Antidiskriminierungsbericht empfiehlt Schulungen der personalverantwortlichen „Gatekeeper“ und anonymisierte Bewerbungen, gegen die sich die Wirtschaft trotz überaus erfolgreicher Pilotprojekte stemmt. Vor diesem Hintergrund ist zu hoffen, dass sich der neue Ansatz der Deutschen Bahn zu einem Standard in Bewerbungsprozessen entwickelt.