Der magische Dreiklang: Diversity, Netzwerke und Kulturveränderung

Seit über 15 Jahren gibt Diversity Management Impulse an die betriebliche Praxis, vor allem an das Personalwesen. An D&I Programmen, Instrumenten und Erfolgsmessungen mangelt es nicht mehr. Vielmehr stellt sich die Frage, wie es künftig zu spürbaren und nachhalten Veränderungen im erlebten Alltag, also der Unternehmenskultur, kommt. Die Rolle verschiedener Stakeholder wie Diversity & Inclusion Abteilung, Mitarbeiter-Netzwerke und Unternehmensführung muss hierbei ebenfalls überdacht werden.

Zu Weiterentwicklung einer Unternehmenskultur bedarf es zunächst der klaren Beschreibung relevanter Aspekte derselben. Frauennetzwerke können hierbei von besonderem Nutzen sein, da sie häufig – als Angehörige der nicht-dominanten Gruppe – Dynamiken erkennen, die den Angehörigen der Monokultur verborgen bleiben – sie (die Mechanismen) sind einfach zu ‚normal‘. Konkret müssen Organisationen ungeschriebene Gesetze und implizite Normen identifizieren und thematisieren. Aus psychologischer Perspektive muss dies auf eine positive Art und Weise – (An-)Erkennen und Verstehen – geschehen, nicht anklagend und negativ kritisierend. Denn eine positive Selbstreflexion und -erkenntnis bildet die Grundlage für selbstindizierte Weiterentwicklung; externer Druck erzeugt dagegen nur Gegendruck.

Während nahezu alle Großunternehmen die Arbeit an ihrer Unternehmenskultur als Teil der Diversity-Strategie definiert haben, sind kaum Beispiele bekannt, in denen ein positiver Reflexionsprozess gezielt eingesetzt wird, um Veränderungsprozesse anzustossen. Die KfW hatte im letzten Jahr Dialog-Veranstaltungen mit diesem Ziel angekündigt und bei verschiedenen Pharma-Unternehmen finden solche Formate nun für MitarbeiterInnen Anwendung. Das Standard-Instrument bildet ansonsten der Gender Workshop, der für Männern und Frauen eine Reflexionsplattform für das Arbeitsverhältnis bieten soll. Gender Speak oder Gender Collaboration sind angelsächsische Konzepte, die bei BP oder Deutsche Telekom zum Einsatz kamen.

Neuere Formate kombinieren wirtschaftliche Ansätze wie das Potenzial-Prinzip mit wissenschaftlichen Erkenntnissen (Barrieren-Modelle) und praktischen Anwendungen (Gender-Modelle). Die so entstehenden Gender / Diversity Workshops helfen Führungskräften in einem halben Tag, das Thema auf eine neue Art und Weise zu durchdringen und zusätzlich pragmatische Ansätze in ihren eigenen Bereichen zu identifizieren.

Die Zukunft von Frauen- bzw. Gender-Netzwerken stellt sich in diesem Kontext vielversprechend dar: Männliche und weibliche (obere) Führungskräfte dieser Netzwerke wirken dann als Change Champions an den Veränderungsprozessen mit. Mitglieder aus der Belegschaft und den unteren Führungsebenen engagieren sich dagegen als Change Agents. Dazu müssen sich die Beteiligten jedoch konkret mit diesen Rollen auseinandersetzen und die Ausfüllung bewusst gestalten. Denn die ungeschriebenen Gesetze, die Monokulturen festigen, beziehen sich häufig nicht auf spezifische Gender-Aspekte.

Was diese für (obere) Führungskräfte bedeutet, stand im Vordergrund der KeyNote „Gender & Change“, die Diversity Experte Michael Stuber bei der diesjährigen Verleihung des BeNeLux Wo.Men@Work Award in Brüssel hielt. Vor zahlreichen UnternehmenslenkerInnen, die von JUMP zur Verleihung in die CocaCola Zentrale eingeladen worden waren, beleuchtete er zunächst das Minenfeld, in dem sich Manger bewegen, wenn sie Gender thematisieren. Zwischen Poltischen Quoten, persönlicher Betroffenheit, Wertewandel und Business Case müssen sie Sinn stiften, Erwartungen vermitteln und gute Vorbilder sein. Stuber zerlegt treffsicher das von ihm identifizierte „Gender PolyLemma“ in handhabbare Bestandteile. Seine wichtigste Empfehlung: Persönliche Distanz zum Thema einnehmen und streng aus Management-Sicht argumentieren. Zum traditionellen feministischen Netzwerkansatz passt dies nicht, dafür hilft es, Akzeptanz zu erlangen und so Fortschritte zu erzielen.