Der Entwicklungsstand und die Zukunft von Diversity

Seit der Anfangszeit von Diversity wurde das neue Konzept kritisch von den etablierten Gender PraktikerInnen und Kultur TrainerInnen beäugt. Sie bangten um ihre Vormachtstellung oder ihren ExpertInnen-Status. In den frühen Jahren wurde mitunter hart über die Vor- und Nachteile verschiedener Konzepte gestritten. In einem Beitrag für die Jubiläumsbroschüre „Gleichstellung“ des Dashöfer-Verlags hat der Diversity-Experte Michael Stuber einen aktuellen Wegweiser durch den Dschungel der Konzepte erstellt, mit denen Verschiedenheit im Arbeitsleben wertgeschätzt und produktiv genutzt werden kann. Stuber identifiziert die Frauenförderung als frühestes Konzept, beschreibt die Ideen der Gleichstellung und Chancengleichheit als Basis für eine geregelte Gender Arbeit und Gender Mainstreaming & Gender Budgeting als stärker öffentlich getriebene Ansätze. Antidiskriminierung bzw. allgemeine Gleichbehandlung erhalten juristische Standorte zugewiesen, da sie schlussendlich auf EU-Rahmengesetzgebung basieren. Schließlich stellt Stuber das Diversity Management als systematisches „Potenzial-Prinzip“ vor.

Gleich zu Beginn seiner Übersicht stellt Stuber jedoch klar, dass mit dieser Auflistung keine Evolution von Frauenförderung hin zu Diversity gemeint ist – vielmehr würden die einzelnen Konzepte auch heute noch neu definiert oder erweitert werden. Dennoch stellt Stuber bestimmte Unterschiede fest. Konzepte wie das Gender Mainstreaming beziehen sich auf eine einzige Diversity-Dimension (Gender), die Beteiligten in den anderen Konzepten sind hingegen weiter gefasst.

Der Diversity-Ansatz arbeite auch mit Hierarchisierungen, insbesondere den sechs sogenannten Kerndimensionen. Dieser Ansatz berücksichtigt nach Darstellung von Stuber jedoch auch besonders die Vielfalt innerhalb jeder thematisierten Gruppe sowie die Beziehungen zwischen den Themen. Damit wirke das Konzept Stereotypisierungen entgegen und böte sich als Plattform für eine ganzheitliche Bearbeitung von Vielfalt in der Wirtschaft oder im öffentlich Kontext an. Der Beitrag stellt dar, dass Diversity eine positive, ressourcen-orientierte Sichtweise verfolgt, während viele andere Konzepte eine Beseitigung von Defiziten oder Benachteiligungen zum Ziel haben.

In einem Gastbeitrag für die Mitarbeiterzeitschrift der Bayer Business Services stellt Stuber allerdings klar, dass die systematische Potenzialnutzung gar nicht so einfach ist. Dort plädiert er für eine bewusste Aufgeschlossenheit für andere Sichtweisen und Ansätze, die sich zugleich in Wertschätzung äußert und schon dadurch Produktivität fördert. Zudem sei eine gezielte, proaktive Einbeziehung von „Anderen“, die entsprechende Kommunikations- und Verhaltenskompetenzen erfordert, nötig. Vielfalt brauche also nicht in erster Linie komplizierte Konzepte, sondern vor allem Offenheit in den Köpfen.