Integration am Arbeitsmarkt braucht Chancengleichheit

Die Arbeitsmarktstatistik lässt alljährlich erkennen: Die Arbeitslosenquote unter MigrantInnen ist mehr als doppelt so hoch wie unter Deutschen. Aktuelle Daten weisen 6 Prozent Arbeitslose unter Deutschen aus, aber 14 Prozent bei ausländischen Erwerbstätigen, die zudem häufiger geringfügig beschäftigt und vor allem in gering qualifizierten Bereichen tätig sind. Strukturelle Benachteiligung verhindert die Nutzung von Potenzialen und dagegen wendet sich ein neues Projekt.
Arbeitswissenschaftler der Ruhr-Universität Bochum (RUB) starteten im August 2012 die „TransVer-Offensive“ (Transkulturell kompetente Vernetzungs-Offensive). Ausgehend von der These, dass Integration nur gelingen kann, wenn die Menschen unabhängig von ihrer Herkunft gleiche Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben, erarbeiten Wissenschaft und  Wirtschaft bis Dezember 2014 gemeinsam konkrete Handlungsempfehlungen zur aktiven Integration von MigrantInnen in den Arbeitsmarkt. Unter der Leitung von Prof. Dr. Heiner Minssen des Lehrstuhls für Arbeitsorganisation und Arbeitsgestaltung kooperieren Wissenschaftler der RUB mit Praktikern aus Nordrhein-Westfalen. In fünf Teilprojekten nehmen die Partner die sogenannten Matchingprozesse zwischen Menschen mit Migrationshintergrund und Organisationen in den Blick und setzen an diesen Schnittstellen an. Die Forscher entwickeln und erproben Maßnahmen, um den Dialog zu fördern und alle Beteiligten für das Thema „Vielfalt in Organisationen“ zu sensibilisieren. Es soll Begegnungräume in Form von Workshops mit gemeinsamen Lernerfahrungen geben Netzwerke werden gebildet, die Dialogfähigkeit unterstützt. Auch bessere Beratung und Qualifikation von Einzelnen sowie Organisationen sind Teil des Projekts. Das gesamte Repertoire der „Good Practices“ soll begehbare Wege und Zukunftsszenarien aufzeigen, deren Erfolgsgeschichten richtungsweisend sein können. Das Projekt wird mit 1,2 Mio. Euro aus Mitteln des ESF und des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales gefördert.
Unabhängig von dieser Initiative ist just eines der „Best Practice“-Beispiele für Integration in Bildung und Ausbildung ebenfalls in Bochum zu finden. Rund 75 Prozent der Studierenden an der Technischen Fachhochschule (TFH) Georg Agricola in Bochum kommen aus Nichtakademikerfamilien und rund 40 Prozent haben einen Migrationshintergrund. Laut Geschäftsführer Manfred Freitag versteht sich die TFH als offene Hochschule, die jungen Menschen Bildungschancen unabhängig von ihrer Herkunft eröffnet. So stehen neben einem Konzept, das Praxisbezug durch Kontakte zu Unternehmen fördert, auch fachliche Unterstützung und interkulturelle Abende auf dem Hochschulprogramm, das so eine gewissermaßen familiäre Atmosphäre bietet. Damit ermöglicht die TFH vielen Menschen, was Gewerkschaften längst fordern: einen Aufstieg durch Bildung, der ihnen anderswo vorenthalten würde.