Niedriglohn trifft Frauen besonders
Frauen sind weit überdurchschnittlich von Niedriglöhnen betroffen, auch in oberen Lohngruppen verdienen Frauen weiterhin weniger als ihre männlichen Kollegen. Das zeigen zwei aktuelle Berechnungen der Universität Duisburg-Essen und der Beratungsgesellschaft Kienbaum.Frauen stellten 2006 fast 70 Prozent der Niedriglohnbeschäftigten, fast jede dritte Frau arbeitet im Niedriglohnbereich – 1995 galt das erst für ein Viertel der Frauen, so das Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen. Auch bei vollzeitbeschäftigten Frauen liegt der Niedriglohnanteil mit ca. 22 Prozent etwa doppelt so hoch wie unter vollzeitbeschäftigten Männern. Laut Forschungsdirektorin Dr. Claudia Weinkopf gelang es jedem zweiten Mann, innerhalb von fünf Jahren aus einem niedrig bezahlten Job in besser bezahlte Arbeit aufzusteigen, bei den Frauen hatte es nur jede Vierte geschafft. Die Ausweitung von Zeitarbeit und Minijobs habe die Verbreitung von Niedriglöhnen besonders vorangetrieben, stellt das IAQ fest. Mit fast 92 Prozent im Jahre 2006 arbeitet die große Mehrheit der MinijobberInnen zu Stundenlöhnen, die unterhalb der Niedriglohnschwelle liegen. „Bei Minijobs werden offenbar häufig Lohnabschläge vorgenommen und sonstige Rechte wie bezahlter Urlaub und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall den Beschäftigten vorenthalten“, so Weinkopf. Frauen seien von Niedriglöhnen auch deshalb deutlich stärker betroffen, weil im Dienstleistungssektor und in Kleinbetrieben, in denen sie häufig arbeiten, diese Jobs besonders verbreitet sind.Dass Lohnungleichheit nicht nur in unteren Lohngruppen, sondern auch im Management von Großunternehmen stark verbreitet ist, belegt die Beratungsgesellschaft Kienbaum. Einer im Sommer 2008 veröffentlichten Untersuchung zum Thema „Diversity Compliance“ zufolge, zahlen große deutsche Unternehmen ihren weiblichen Fach- und Führungskräften durchschnittlich signifikant weniger als ihren männlichen Managern. Der Befund ist eindeutig: Egal in welcher Branche, bei welcher Unternehmensgröße, auf welcher Hierarchieebene, bei welchem Lebensalter oder welchem Bildungsabschluss – Frauen verdienen im Durchschnitt deutlich weniger als Männer.Weibliche Führungskräfte der ersten und zweiten Ebene erhalten im Durchschnitt rund 20 Prozent weniger Gehalt als ihre männlichen Kollegen, in der Geschäftsführung ist es sogar mehr als ein Drittel. Ein weiteres Ergebnis der Befragung: Sogar mit einer bestmöglichen Bildung erreichen Frauen nicht das gleiche Gehaltsniveau wie ihre männlichen Kollegen. Um das Durchschnittsgehalt eines Mannes mit Abitur zu erreichen, muss eine weibliche Führungskraft mindestens einen Universitätsabschluss vorweisen können.Mit dieser Vergütungspraxis gehen die Unternehmen hohe Risiken ein: Neben Schadenersatzforderungen drohen Imageschäden, Vertrauensverluste bei MitarbeiterInnen sowie Einbußen bei der Arbeitgeberattraktivität. Der Kienbaum-Befragung zufolge scheinen viele Unternehmen das Thema dennoch zu vernachlässigen. 40 Prozent der Personalverantwortlichen in Dax-Unternehmen bewerten die Maßnahmen deutscher Firmen zur Sicherstellung von Entgeltgerechtigkeit lediglich als durchschnittlich. Jeder Dritte sieht bei dieser Frage dringenden Entwicklungsbedarf.