Gebetsräume sind Teil einer umfassenden Diversity-Umsetzung
Im Juni erhitzte eine Diversity-Diskussion den ohnehin schon warmen skandinavischen Sommer: Private Unternehmen sollen keine Gebetsräume einrichten, stellte der dänische Arbeitsminister Claus Hjort Frederiksen fest. Begründung: In Dänemark sollen dänische Sitten und Gebräuche gel-ten. Dagbladet-Chefredakteur Palle Weis sah darin billigen Stimmenfang: „Erfahrungen in anderen Ländern, in denen angemessene Kopfbekleidungen erlaubt sind und Gebetsräume geschaffen wur-den, die eine religiöse Praxis zulassen, ohne andere zu stören, zeigen, dass das nicht zu Lasten der Arbeit geht. Im Gegenteil muss man diesen Weg beschreiten, um mehr Zuwanderer im Arbeits-markt zu integrieren. Nach Ansicht von Weis habe die Wirtschaft dies jedoch schon längst verstan-den.
Und tatsächlich zählen Gebetsräume immer öfter zum Diversity-Konzept europäischer Unterneh-men. Die Deutsche Bank hat beispielsweise die Einrichtung von konfessionsunabhängigen Gebets- und Andachtsräumen für MitarbeiterInnen im Rahmen ihres Diversity-Programmes unter dem Titel „Vielfalt leben“ bereits auf den Weg gebracht. Ähnlich sieht es beim Autobauer BMW aus. Die briti-sche Barclays Bank richtete so genannte „Multi-Faith Quiet Rooms“ ein. Diese stillen Andachtsräu-me dienen MitarbeiterInnen unterschiedlicher religiöser Prägung als Gebets- oder Meditationsräu-me.
Damit sich Anhänger aller Glaubensrichtungen im Unternehmen gleichermaßen integriert fühlen, sollten keine Pflichtveranstaltungen an muslimischen, islamischen, jüdischen oder hinduistischen Feiertagen stattfinden, empfiehlt Diversity-Berater Stuber. Bereits nach der bisherigen Rechtspre-chung sind Unternehmen angehalten, religiöse Belange wie Gebetspausen oder arbeitsfreie Samstage für jüdische Beschäftigte zu berücksichtigen – allerdings nur insoweit sie den betrieblichen Belangen nicht entgegenstehen. Wenn eine Pflichtveranstaltung an einem religiösen Feiertag unvermeidlich ist, sollten gläubige MitarbeiterInnen die Möglichkeit einer Freistellung für die jeweilige Veranstal-tung bekommen. Für christliche MitarbeiterInnen im Ausland wäre es sicher auch ein befremdlicher Gedanke, am 25. Dezember arbeiten und auf das Beisammensein unterm Weihnachtsbaum verzich-ten zu müssen.