Die richtigen Fragen über DEI Kernthemen
Neueste Erkenntnisse stellen bereits die gängige DEI Positionierung und Vorgehensweise infrage. Dieser Beitrag diskutiert, welche Fragen wir stellen müssen um zu relevanten Ansätzen zu gelangen.
Rettet DEI Trilogie Teil 2 (Sommer 2024)
Unter dem Regenbogen versteckte Themen
Das Beispiel LGBTQI* zeigt sowohl die enormen Fortschritte, die DEI innerhalb weniger Jahre machen kann, wie auch die Polarisierung, die dabei entstehen kann. Die Präsenz verschiedener Regenbogenflaggen während und jenseits des Pride-Monats zeigt eine neue Normalität, die zu Beginn der neuzeitlichen Bewegung (1990er Jahre) in weiter Ferne lag.
Jahrzehntelange Forschung und internationale Akteure beschreiben, welche Verbesserungen erreicht wurden und wo weiterhin Probleme bestehen. Eine wiederholt durchgeführte deutsche Arbeitsplatzstudie beschreibt die Entwicklung im Zeitverlauf. Die erste „Out im Office“-Studie wurde 2006 in Zusammenarbeit mit Ungleich Besser durchgeführt und seither dreimal wiederholt (2017, 2020 und 2023). Die Daten zeigen viele Fortschritte und auch ein paar Verschlechterungen.
- Über alle Teilgruppen hinweg sind LGBTQI*-Beschäftigte offener gegenüber ihren Kollegen
- Die Diskriminierungserfahrungen haben für trans/nicht-binäre Personen zugenommen, insbesondere starke Formen der Diskriminierung
- Der positive Zusammenhang von betrieblichem DEI-Management, Unternehmenskultur und LGBTQI*-Offenheit wurde zum vierten Mal bestätigt, wenngleich der Effekt in der aktuellen Studie leicht abgenommen hat
- Die Studie bestätigt auch einen klaren Zusammenhang zwischen individueller Offenheit und arbeitsbezogenem Engagement, Zufriedenheit und Selbstwertgefühl am Arbeitsplatz
- Ein zunehmender Anteil der LGBTQI*-Beschäftigten berichtet über geringe bis keine DEI-Aktivitäten in ihrem Unternehmen
- Gleichzeitig ist die Präferenz für LGBTQI*-freundliche Arbeitgeber, Dienstleistungen oder Marken in allen Teilgruppen um 10 % gestiegen; hierin ist ein überaus starker Business Case für ein ganzheitliches DEI-Management zu sehen.
Sind wir bereit, die richtigen Fragen zu stellen?
Diese und weitere gemischte Ergebnisse führen zur Frage: wie sinnvoll sind enge zielgruppenspezifische Ansätze im Vergleich zu breiten? Wie ist das Verhältnis von positiven bewusstseinsbildenden zu polarisierenden Effekten? Welchen Nutzen hätten früher bereits erfolgreiche, integrierte Ansätze? Wie gehen wir mit der Politisierung des Themas (z.B. durch die UEFA) oder revisionistischen politischen Strömungen (z.B. in Italien) um?
Wirtschaftliche Effekte von Migration und gesellschaftlicher Offenheit
Ein weiteres Beispiel, die globale Rassismusdebatte, erfuhr durch #BLM große Aufmerksamkeit und wird von nationalistischen Kampagnen heftig (und zunehmend) attackiert. Sie stellen Migration und kulturelle Vielfalt als Bedrohung für den individuellen und kollektiven Wohlstand und das Wohlergehen dar. Dieses Narrativ steht in krassem Gegensatz zu den zahlreichen Forschungsergebnissen, die länderübergreifend und über Jahrzehnte hinweg bestätigen, dass Einwanderung sowohl die wirtschaftliche Lage des Staates wie auch der Allgemeinbevölkerung verbessert.
- Bereits vor zehn Jahren zeigte das Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung, dass die damals in Deutschland lebenden 6,6 Mio. Migranten 147,9 Mrd. EUR mehr einbringen, als sie an Transferleistungen erhalten (im verbleibenden Lebenszyklus)
- Im Jahr 2022 zeigte das Institut für Arbeitsmarktökonomie, dass die Anwesenheit eines Migranten mit durchschnittlicher Qualifikation eine Barwertsubvention von mindestens 128.000 Dollar für jeden anderen Steuerzahler zusammen auslöst
- Im Jahr 2024 veröffentlicht, berechnet die Stiftung Sozialwirtschaft, dass Deutschland sowohl mehr als auch höher qualifizierte Zuwanderung benötigt, um seine voraussichtliche Haushaltslücke zu schließen (Steuern und Sozialversicherung)
- Auf dem EFA (s.u.) erläuterte Moritz Schularick, Präsident des Kieler Weltwirtschaftsinstituts, in einem ORF-Interview, dass nationalistische Politik – im Gegensatz zu ihren proklamierten Zielen – „kostspielig“ sei. Sie führe zu „erheblichen Wohlstandsverlusten“ und zu wachsender (wirtschaftlicher) Ungleichheit.
Sind wir bereit, die richtigen Fragen zu stellen?
Wie reagieren wir, wenn wir nationalistische Wirtschaftsnarrative oder rassistische Vorurteile wahrnehmen? Sind wir bereit, falsche Annahmen als ideologisch motivierte Angriffe zu entlarven? Sind wir in der Lage, solide wirtschaftliche Argumente für DEI als starken Gegenentwurf zu präsentieren? Kommt unser ganzheitlicher DEI Ansatz wirklich allen zugute, so dass die Gegner zu Befürwortern werden?
Unendliche Geschichten: Gläserne Decke und Geschlechterklischees
Gender besetzt seit jeher Platz 1 im DEI Kontext und fordert immer wieder konsequente Gleichstellung, Gleichverteilung etc. Welche negativen Effekte ein solcher Fokus haben kann, wird zunehmend diskutiert. Eine intelligente und vielversprechende Alternative besteht in der Ursachenanalyse mit anschließender Bearbeitung der Aspekte. Derweil haben manche Komponenten der gläsernen Decke ihre eigenen Geschäftsmodelle geschaffen, die dauerhaft an ihrem Element arbeiten, z. B. Betreuung von Angehörigen, Lohngleichheitsaudit, Mentoring / Cross-Mentoring, Trainings und Entwicklungsprogramme für Frauen usw. Viele sind inzwischen fest in den Personalprozessen verankert und werden nicht auf ihre Relevanz, ihre Wirkung oder ihren Mehrwert überprüft. Traditionelle Aktivitäten und künftige Schwerpunkte können indes anhand neuer Erkenntnis überdacht werden. In einer Metastudie wurden Dutzende akademischer Beiträge zur gläsernen Decke ausgewertet. Dabei wurde kein Patentrezept gefunden, mit dem Aufstiegsbarrieren für Frauen beseitigt werden könnten. Stattdessen weist die Studie auf zwei wichtige Punkte hin
- Nur ein gut orchestriertes und synchronisiertes – man könnte sagen ‚Engineering D&I‘ – Vorgehen hat Aussicht, zu messbaren Fortschritten zu führen
- Ein bedeutendes Hindernis ist schwer zu beseitigen und erfordert die Mitwirkung aller: hartnäckige Geschlechterstereotype, bei Individuen und in Kulturen
- Letzteres wurde gerade wieder durch eine große Studie in den USA bestätigt, die zeigt, dass Frauen nicht befördert werden, weil Männer ihr Potenzial unterschätze
Sind wir bereit, die richtigen Fragen zu stellen?
Wie können wir Gender auf eine integrative Art und Weise vorantreiben, die weder Frauen noch Männer stereotypisiert? Nutzen wir Frühindikatoren oder Ergebnisindikatoren sinnvoll als KPIs? Wie berücksichtigen wir die Vielfalt unter Männern oder unter Frauen (plus Altersgruppen)? Wie gehen wir mit Intersektionalität um?
Analysieren, neu deuten und (mutig) den nächsten Schritt gehen
Die Rettung von DEI vor äußerer Bedrohung und innerer Unzufriedenheit erfordert eine Neubewertung unseres bisherigen Ansatzes, einschließlich der erwünschten und unerwünschten Effekte, die er bewirkt hat. Die Antworten auf neue Fragen werden uns andere Wege aufzeigen und Momente der Wahrheit schaffen. Dann müssen wir mutige Entscheidungen treffen und selbst tiefe Überzeugungen und bequeme Routinen hinter uns lassen. Das klingt, als sollten wir genau das tun, was wir seit langem predigen…
Wie ENGINEERING D&I hilft, die richtigen Fragen zu stellen
In der verzweigten D&I-Landschaft bieten wir eine einzigartige Kombination aus
- Kritischen, evidenzbasierten Analysen
- kontextbezogenem Strategie-Design
- Vernetzte Umsetzung, die Wirkung und Wandel erzeugt.
Die Themen dieses Artikels bearbeiten wir in Form von D&I Strategy-Impact-Reviews und Kulturdiagnostik. Beides zeigt wo das Unternehmen in seiner individuellen Entwicklung, unter Berücksichtigung der kulturellen Identität und des Kontextes, steht.
Weitere Informationen und Beispiele enthalten die Checklisten am Ende dieses Artikels oder in diesem Beitrag. Für eine individuelle Anfrage schreiben Sie uns direkt.
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