Medien diskutieren veränderte Geschlechterrollen
Wo sind sie geblieben, die kantigen Kerle, die einfach das tun, wonach ihnen gerade ist? Die sich das nehmen, was ihnen gehört. Die zeigen, wo es lang geht. Wenn man der Wochenzeitung DIE ZEIT glauben darf, ist der Mann, wie man ihn bisher kannte, auf dem besten Weg sich selbst abzuschaffen.
An seine Stelle tritt, wie ZEIT–ONLINE–Autorin Nina Pauer beobachtet hat, ein ganz neues Geschlecht: Der Schmerzensmann – eine, auf den ersten Blick, gar nicht so maskuline Spezies, die gern unrasiert daherkommt und die Selbstfindung mit der Gitarre in der Hand melancholisch hinaus posaunt. „Männer“, diese hitparadentaugliche Anleitung zum geschlechterklischee–gemäßen Lebensstil, gehört hingegen nicht zu seinem Repertoire. Der moderne Mann von heute befindet sich lieber in einem ständigen Zustand des Reflektierens, Mitfühlens und Sensibelseins, immerhin hat es die emanzipierte Gesellschaft so von ihm gewollt. Für die Autorin ist diese Mentalitätsreform des alten Männerbildes nur wenig begrüßenswert. Sie schreibt von „grotesken Zügen“ und einer Kommunikation zwischen Mann und Frau, die durch den modernen Mann nur noch verkompliziert wird. Und damit nicht genug: Sexy ist der Softie für sie auch nicht. Denn er fordert und flirtet nicht mehr, sondern freundelt – er ist der nette Kerl von nebenan, aber mehr auch nicht. Und vor allem: Er riskiert nichts mehr, drängt sich nicht auf, übernimmt nicht die Führung und sorgt schlussendlich dafür, dass die Menschheit untergeht. Denn beim freundschaftlichen Kuscheln entstehen bekanntlich keine Kinder.
Derartige Beiträge zur Geschlechterdiskussion häufen sich seit dem Beginn der Quotendiskussion, die unweigerlich zu einer Diskussion von Geschlechterrollen werden musste. Denn ebenso wie reflektiert wird, wie viel „Frau“ eine Top–Managerin sein kann (und sollte?), so wird diskutiert, wie viel Rauhbeinigkeit eine Organisation vertägt, die weibliche Talente fair fördert. Dass traditionelle Geschlechterrollen tatsächlich wackeln, wenn auch nicht so grundlegend, zeigt eine Befragung des Matching–Portals „Elite–Partner“. Vorurteile rund um die schönste Nebensache der Welt kamen auf den Prüfstand, als immerhin rund 12.000 Mitglieder befragt wurden. Viele angebliche Weisheiten zum Paarungsverhalten von Mann und Frau geraten damit zu echten Märchen. So will das vermeintlich „harte“ Geschlecht gar nicht so hart sein – jeder fünfte Befragte würde gern weinen dürfen, ohne als schwach angesehen zu werden, jeder Vierte würde gern offener über Gefühle sprechen.
Auch die Frauen möchten gelegentlich mit dem anderen Geschlecht tauschen: Jede dritte Frau meint, dass Männer keinem starken Schönheitsdruck ausgesetzt sind, jede fünfte Teilnehmerin gab zudem an, dass sie gern auch mal laut werden würde, ohne gleich als Zicke zu gelten. Bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf legten viele Befragte gesteigerten Wert auf eine moderne Rollenverteilung – und machten deutlich, dass geschlechterbezogene Vorteile oft gar nicht so vorteilhaft verstanden werden: So beklagte sich jeder zehnte Mann darüber, dass er automatisch für die Versorgung der Familie verantwortlich gemacht wird. Zudem beneiden viele Männer (18,5 Prozent der Befragten) Frauen darum, dass diese eine engere Bindung zu ihren Kindern aufbauen können.