12. Kinder- und Jugendbericht: Bildungssystem benachteiligt MigrantInnen
Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund sind unverändert häufig in niedrigen Schulstufen vertreten – ihre Bildungsabschlüsse sind weiterhin geringer als die deutscher MitschülerInnen. Folge sind fortwährend unterschiedliche sozioökonomische Lebenslagen zwischen jungen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund. Zu diesem Ergebnis kommt der 12. Kinder- und Jugendbericht „Bildung, Betreuung und Erziehung vor und neben der Schule“. Wenngleich mehr ausländische Jugendliche als früher höhere Bildungsabschlüsse erreichen, liegt ihr Anteil an den Schülerinnen und Schülern mit Realschulabschluss und (Fach-)Hochschulreife noch deutlich unter dem Niveau der deutschen Vergleichsgruppen. Der Anteil an Absolventinnen und Absolventen mit Hauptschul-abschluss sowie ohne Schulabschluss liegt gleichzeitig über dem Niveau deutscher SchülerInnen. Besonders Kinder, deren Familien aus der Türkei kommen, sind zu einem hohen Anteil in den niedrigen Schulstufen vertreten. Mädchen ausländischer Herkunft erreichen höherwertigere Abschlüsse als ausländische Jungen und verlassen die Schule seltener ohne Hauptschulabschluss.
Mittlerweile kommen fast ein Drittel aller Kinder in Westdeutschland aus Migrantenfamilien, in Ballungszentren sind es bis zu 40 Prozent. Nach Daten des Sozio-oekonomischen Panels liegt der Anteil der Personen mit Migrationshintergrund bezogen auf Gesamtdeutschland im Jahr 2003 bei insgesamt 17 Prozent, bei den unter Sechsjährigen bei 22 Prozent und den 7- bis 17-Jährigen bei 23 Prozent. Die größten Gruppen in diesen Altersstufen bilden Heranwachsende aus der Türkei und Ex-Jugoslawien. Aufgrund demografischer, ökonomischer und politischer Entwicklungen ist von einer weiteren Verflechtung und Durchmischung der Nationen und Kulturen in Deutschland auszugehen. Angesichts dieser Daten ergibt sich ein dringender Bedarf zur Förderung von bildungs-benachteiligten Kindern und Jugendlichen aus Migrantenfamilien, so der Bericht. Denn mit dem Fehlen eines Schulabschlusses sowie mit dem Zurückfallen im Bildungs- und Leistungsgefälle werden die Ausbildungs- und Erwerbschancen von Migrantenjugendlichen gefährdet und das Risiko von Arbeitslosigkeit erhöht. Dabei sei nicht allein die Gruppe der neu zugewanderten Kinder und Jugendlichen zu berücksichtigen, vielmehr zeigten sich insbesondere in der zweiten Generation, also bei jenen, die als Kinder von Zugewanderten in Deutschland geboren wurden, Integrations-probleme, die deren soziale, kulturelle und ökonomische Chancen mindern.
Für das Bildungssystem ergibt sich die Anforderung unterschiedliche soziale, sprachliche und kulturelle Voraussetzungen von zugewanderten Kindern und Jugendlichen stärker als bisher zu berücksichtigen, so der Bericht weiter. Es wird wesentlich von der Organisation von Bildung, Betreuung und Erziehung abhängen, ob die Bildungspotenziale junger MigrantInnen ausgeschöpft und einseitige Orientierungen sowie Abwertungen im interkulturellen Miteinander vermieden werden können. Ein Umsteuern im Bildungsssystem sei zudem dringend erforderlich, will man die Abhängigkeit der Bildungschancen von der sozialen und ethnischen Herkunft der Kinder überwinden. Bildungskonzepte dürften sich nicht länger allein an der Norm eines Kindes deutschsprachiger Eltern orientieren.
Den Bericht finden Sie auf der Internetseite des BMFSFJ
Alter Empirie / Forschung Ethnie; Herkunft; Migration; Kultur Inklusion Sprache Deutsch