Zehn Jahre Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) – ohne Fokus „Beschäftigung“

Zehn Jahre nach Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) legt die Antidiskriminierungsstelle des Bundes eine Evaluation vor und spricht sich für eine Reform des Gesetzes zum besseren Schutz vor Benachteiligungen aus. Arbeitsplatz- und Konsumthemen stehen dabei nicht im Fokus.

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes hatte ein „unabhängiges Evaluierungsgremium“ beauftragt, das nunmehr 10 Jahre bestehende AGG auszuwerten. Dabei hätte insbesondere seine Wirkung im Kontext der ursprünglichen Zielsetzung überprüft werden sollen. Ein Kernpunkt der Ergebnisse bildet die Empfehlung, vorhandene Schutzlücken zu schließen, damit Menschen wirksamer gegen Diskriminierung vorgehen können. „Dafür wäre es sicher hilfreich gewesen, den treffenden Namen des Gesetzes – Antidiskriminierungsgesetz ADG – beizubehalten“, kommentiert Diversity Experte Michael Stuber nicht ohne Zynismus. Seine Analysen zeigen, dass die „weiche Wattenverpackung“ dazu beitrug, dass das Gesetz ein zahmer Stubentiger blieb.

Die von der ADS beauftragten Expertinnen und Experten sprechen sich konkret für eine Ausweitung der Fristen aus, innerhalb derer Betroffene Ansprüche geltend machen müssen. Auch sollten Verbände die Möglichkeit erhalten, Betroffene vor Gericht zu vertreten. Genau diese Punkte wurden von Arbeitgeberverbänden stets heftig abgelehnt. Während aktuelle Umfragen zeigen, dass Diskriminierung gerade im Beschäftigungs- und Konsumkontext weit verbreitet ist, befasste sich die Evaluation zum 10-jährigen Jubiläum eher mit grundlegenden Phänomenen. Neben der Klagemöglichkeiten empfiehlt das Evaluationsteam einen verbesserten Schutz sexueller Belästigung, zum Beispiel von Vermietern/Vermieterinnen ausgehend oder für Kundinnen/Kunden in einem Geschäft. Zur Barrierefreiheit sollte das AGG klarstellen, dass das Versagen einer angemessenen Vorkehrung (als Diskriminierung) verboten sein sollte. Weiterhin befassen sich die Empfehlungen mit dem Schutz bei Fremdpersonaleinsatz (z. B. in Werk- oder Dienstverträgen) und mit Dreieckskonstellationen im Arbeits- und Zivilrecht.

Mit der Evaluation wurde das Berliner Büro für Recht und Wissenschaft sowie die Rechtswissenschaftlerin Prof. Dr. Christiane Brors (Universität Oldenburg) als wissenschaftliche Begleitung beauftragt. In einer rechtswissenschaftlichen Analyse wurden die Rechtsprechung sowie bestehende Vorgaben des Völker-, Unions- und Verfassungsrechts ausgewertet. Daneben wurden Rechtsanwältinnen und -anwälte, Beraterinnen und Berater, Richterinnen und Richter sowie Verbände zu ihren Erfahrungen, Schutzlücken und Reformbedarf befragt. Es ist nicht erkennbar, dass ExpertInnen aus der Praxis und insbesondere aus der Beschäftigungs- oder Konsumpraxis beteiligt waren. Die Evaluation des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes steht unter www.antidiskriminierungsstelle.de zur Verfügung.

Festakt zum zehnjährigen Bestehen

Am 27. September 2016 wird der zehnte Geburtstag des Gesetzes mit einem Festakt begangen. Die Festrede hält der Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz, Heiko Maas, das Grußwort die EU-Kommissarin für Justiz, Verbraucher und Gleichstellung der Geschlechter, Vĕra Jourová.

Fachtagung im Oktober 2016

Am 27. Oktober 2016 wird die Antidiskriminierungsstelle zusammen mit Expertinnen und Experten aus Politik, Forschung und Zivilgesellschaft bei einer Fachtagung darüber diskutieren, wie das Gesetz verändert werden kann. Im Mittelpunkt stehen die Themen Barrierefreiheit, Verbandsklagerecht, Diskriminierungsmerkmale und Diskriminierungsschutz in staatlichen Stellen.

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz war am 18. August 2006 in Kraft getreten. Es hat zum Ziel, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen. Schwerpunkt ist der Schutz vor Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf, daneben sind im AGG aber auch Vorschriften zum Schutz vor Benachteiligung im Zivilrechtsverkehr verankert. Seit 2006 haben sich mehr als 15 000 Menschen an das Beratungsteam der Antidiskriminierungsstelle gewandt. Mehr zu zehn Jahren Diskriminierungsschutz erfahren Sie unter www.10-jahre-agg.de.