Studie beschwört Partnerschaftlichkeit und sieht dennoch Väter und Betriebe in der Pflicht

Ist die, hoffentlich partnerschaftliche, Aufteilung der Aufgaben in Familie und Beruf reine Privatsache oder auch teilweise eine Verantwortung der ArbeitgeberInnen? Eine aktuelle Studie sagt, dass es auch auf die Betriebe ankäme.

Unternehmen haben einen wesentlichen Einfluss darauf, ob sich Mütter und Väter mit kleinen Kindern die Aufgaben in Familie und Beruf partnerschaftlich aufteilen können – oder ob dies eben nicht geschieht. Das ist eine Kernaussage einer aktuellen Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB), die von Familienministerin Schwesig und WZB Präsidentin Allmendinger vorgestellt wurde. Im Rahmen einer repräsentativen Paarbefragung wurde erstmals systematisch die Rolle der Betriebe für die partnerschaftliche Vereinbarkeit von beruflichen und familiären Aufgaben untersucht.

Flexibilitätsangebote + Nutzungsmöglichkeit + Karriere

Ein Ergebnis der Studie spiegelt frühere Erkenntnisse aus der Praxis wider: Wie die Arbeitsteilung in Familien gelingt hängt nicht nur mit den angebotenen Arbeitszeitmodellen zusammen, sondern auch von deren Nutzungsmöglichkeiten und damit, ob berufliche Entwicklungsperspektiven – idealerweise für beide Elternteile – bestehen bleiben.

„Auf die Väter kommt es an“

Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig beschwörte einmal mehr den Trend zur Partnerschaftlichkeit und zur aktiven Vaterschaft. „Immer mehr Mütter und Väter wünschen sich eine partnerschaftliche Vereinbarkeit. Besonders Väter sind unzufrieden mit ihren überlangen Arbeitszeiten und wollen etwas verändern“, so Schwesig. Hierbei spielten die Betriebe eine zentrale Rolle, denn sie müssten Müttern und Vätern innovativere Angebote, z. b. mit Blick auf Arbeitszeiten, machen. Die Wünsche der Eltern stellten keine Belastung, sondern eine Chance dar, meinte die engagierte Familienministerin.

„Beide wollen“

Auch die Präsidentin des WZB, Prof. Jutta Allmendinger, sieht den Schwerpunkt auf dem Gemeinsamen: „Viele Eltern haben sich vom überholten Konzept einer klaren Arbeitsteilung zwischen Müttern und Vätern verabschiedet, beide Elternteile wollen im Beruf bleiben, sich weiterentwickeln und für ihre finanzielle Unabhängigkeit sorgen“, so Allmendinger. Beide wollten aber auch Verantwortung für die Kinder übernehmen, Zeit mit ihnen verbringen, Nähe spüren.

Und es sind doch keine Buhmänner

Die Befragung zeigte einmal mehr, dass gerade bei den Vätern Wunsch und Wirklichkeit auseinanderklaffen. Während 83 Prozent keine oder höchstens zwei Monate Elternzeit genommen haben, hätte sich mehr als die Hälfte (52%) mindestens drei Monate Elternzeit gewünscht. 42 Prozent der Väter wünschen sich eine egalitäre Aufteilung von beruflichen und familiären Aufgaben – im Vergleich zu 35 Prozent der Mütter. Die Studie weist daraufhin, dass eine solche partnerschaftliche Vereinbarkeit eher dann möglich sei, wenn Eltern in Betrieben arbeiten, die Familienfreundlichkeit mit Gleichstellungszielen verbinden und in denen Frauen wie Männer Voll- und Teilzeitmodelle ohne Karrierenachteile flexibel nutzen können. Die Verbindung zu Gleichstellungszielen wird allerdings nicht erläutert und auch der (naheliegende) Hinweis auf tradierte Entgeltunterschiede, die das männliche Ernährermodell fördern, fehlt.

Vereinbarkeit ist keine Frage der Branche oder Betriebsgröße

Die Studie gibt an, dass derzeit rund 20 Prozent der Eltern kleiner Kinder in Deutschland in Betrieben arbeiten, die partnerschaftliche Vereinbarkeit durch ihre Angebote und Rahmenbedingungen fördern. Dieser Betriebstypus findet sich bei Beschäftigten aller Qualifikationsniveaus und in allen Wirtschaftszweigen wieder: auch wenn es in den Branchen unterschiedliche Herausforderungen gibt, kommt es vor allem auf den betrieblichen Gestaltungswillen an.

Erneute Bestätigung des Business Case

Familienfreundliche Rahmenbedingungen lohnen sich auch aus unternehmerischer Sicht, so die Studie. Sie bewirken seltenere Zeitkonflikte der Eltern, höhere betriebliche Verbundenheit und weniger Kündigungsabsichten. In familienunfreundlichen Unternehmen erfahren rund 70 Prozent der Väter Zeitkonflikte zwischen Arbeit und Familie und über 80 Prozent der Väter planen, den Arbeitgeber zu wechseln.

Die Kurzfassung der Studie ist herunterzuladen unter www.bmfsfj.de, die ausführliche Studie als WZB Discussion Paper unter www.wzb.eu.