Mehr Schutz und Teilhabe für Menschen mit Behinderung gefordert

Fast sechs Jahre nach dem Beschluss der UN-Behindertenrechtskonvention arbeiten die Unterzeichnerstaaten immer noch an ihrer Umsetzung. Und so kommen von Zeit zu Zeit Forderungen und Initiativen auf, deren Existenz man längst erwartet hätte. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes etwa forderte jüngst eine Verbesserung des gesetzlichen Schutz der Menschen, die durch chronische Krankheiten behindert sind. Auch regte die Stelle die Einführung eines „Index of Inclusion“ an, mit dessen Hilfe schnell und unkompliziert die Qualität der Inklusion in einzelnen Unternehmen systematisch erhoben und überprüft werden könnte.

Bereits vor drei Jahren präsentierte die damalige deutsche Bundesregierung einen Nationalen Aktionsplan, der, wie auch das österreichische Äquivalent aus dem Jahr 2012, die Strategie zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention innerhalb der kommenden Dekade festlegte. Bei beiden Plänen wurden neben mehreren Bundesministerien und den Ländern auch die Sozialpartner und die Organisationen für die Belange Behinderter involviert. Zu der Stoßrichtung passte auch das vergangene Themenjahr 2013 mit dem Titel „Selbstbestimmt dabei. Immer“. Dennoch scheint der Handlungsbedarf unverändert zu bestehen und Christine Lüders, die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle, kann angesichts zunehmender Defizite auf dem Arbeitsmarkt nicht nachvollziehen, warum das Beschäftigungspotenzial von Behinderten nicht genutzt wird. Sie fordert auch die Aufhebung der sogenannten Sonderwelten, etwa in Behindertenwerkstätten. Ein aktueller Ratgeber des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales will die tägliche Einbeziehung von Menschen mit Behinderung fördern. Auf 30 Seiten erhalten Betroffene in leicht verständlicher Sprache Informationen über Rechte in der EU und der Bundesrepublik und werden mit Beispielen aus anderen europäischen Mitgliedsstaaten versorgt. Die Broschüre thematisiert die Einbeziehung an Schulen, Hochschulen und in Unternehmen und nennt Möglichkeiten finanzieller Unterstützung durch den Staat. Wie dieser Ansatz die Beteiligung am öffentlichen Leben und die private Entfaltung fördern soll, ist angesichts der Themenwahl und der Positionierung des Ratgebers durchaus fraglich.