Männer (und ein paar Frauen) prägen Film und Fernsehen

Womit Diversity Management umgehen muss: Das Phänomen „audiovisuelle Diversität“ wurde – der Titel lässt es vermuten – akademisch unter die Lupe genommen. Die Repräsentation und Darstellung von Frauen und Männern in TV- und Kinoproduktionen wurde nach langer Zeit wieder untersucht und zeigt klare Ergebnisse.

Für Diversity-ManagerInnen sind die Fragestellungen der aktuellen Studie des Institutes für Medienforschung von höchster Relevanz. Denn sie liefern einen Indikator dafür, mit welchen Vorprägungen der Geschlechterwahrnehmung Beschäftigte an ihren Arbeitsplatz kommen.

  • Wie präsent sind Frauen und Männer auf deutschen Fernsehbildschirmen und Kinoleinwänden?
  • Wie alt sind Frauen und Männer im Fernsehen und im Kino?
  • In welchen Funktionen sind Frauen und Männer sichtbar?
  • Wie sieht es im Kinderfernsehen aus?

Quantitativ zeigt sich unter den HauptakteurInnen/ProtagonistInnen eine deutliche Unterrepräsentation von Frauen (33%) im Vergleich zu Männern (66%). Da dies durch die Art der Sendung oder das mediale Umfeld bedingt sein könnte, erhoben die Forscherinnen auch den Kontext. Hier zeigt sich, dass nur in Soaps/Telenovelas keine Unterrepräsentierung von Frauen (im Vergleich zu ihrem Bevölkerungsanteil) vorliegt und sie in Fernseh- sowie Kinofilmen moderat ausfällt (44 bzw. 42%), in Kinderformaten und non-fiktionaler Unterhaltung dagegen besonders stark (28 bzw. 31%). Im Fernsehvollprogramm kommt ein Drittel der Formate ganz ohne weibliche Protagonisten aus, 15% ohne männliche.

Traditionelle Geschlechterrollen und deutliche Biases in Bezug auf Alter und Funktion

Aus Diversity-Sicht durchaus alarmierend sind die qualitativen Erkenntnisse der Studie: Wenn Frauen gezeigt werden, kommen sie häufiger im Kontext von Beziehung und Partnerschaft vor. Zudem werden ältere Frauen auffallend seltener gezeigt als jüngere (und als ältere Männer) – über alle Formate und Genres hinweg.

In drei Funktionen sind Frauen besonders stark unterrepräsentiert: Als Expertin, Sprecherin und Journalistin (21, 28 bzw. 36%). In drei – weniger prestige-trächtigen – Funktionen ist die quantitative Lücke ebenfalls vorhanden, aber weniger deutlich ausgeprägt: Frauen als Moderatorinnen, Alltagspersonen oder Gäste. „Männer erklären die Welt“, stellt der Studienbericht zusammenfassend fest.

Schon im Kinderfernsehen

Während die Erziehung und (früh)kindliche Wahrnehmung von Kindern ein bekannter Hebel zur egalitären Weichenstellung darstellen könnte, wird diese Chance in Deutschland auffallend drastisch vertan: Fiktionale Tiere, Pflanzen und Maschinen sind zu über 80% männlich. Auch bei gezeichneten oder animierten Menschen sowie Monstern herrscht Männlichkeit zu über 60% vor.

Fundiert, aktuell und potenziell wirkungslos?  

Die Studie „Audiovisuelle Diversität?“ ist nach eigenen Angaben die bislang umfassendste Studie zur Ermittlung von Geschlechterdarstellungen in deutschen TV- und Kinoproduktionen. Als Grundlage diente eine detaillierte Analyse von über 3.000 Stunden TV-Programm aus dem Jahr 2016 und über 800 deutschsprachigen Kinofilmen aus den letzten sechs Jahren. Dabei wurden die Rollen von Frauen und Männern sowohl in fiktionalen Produktionen und Unterhaltungsformaten als auch deren Platzierung und Darstellung als Experten bzw. Expertinnen bei journalistischen und dokumentarischen Beiträgen untersucht.

Die letzte repräsentative Untersuchung in Deutschland lag über 20 Jahre, in Bezug auf das Kinderfernsehen über zehn Jahre zurück.

Initiiert hat die Untersuchung Dr. Maria Furtwängler: „Es ist wichtig zu verstehen, welches Geschlechterbild mit der enormen Wirkungsmacht des Fernsehens und Kinos transportiert wird. Hierzulande liegen uns kaum valide Zahlen vor“, begründet sie das Projekt.

Ob die Ergebnisse jedoch zu neuen Ansätzen in Film- und Fernsehproduktionen führen werden, kann bezweifelt werden. Denn schon frühere Erkenntnisse – auch aus dem Bereich der Werbung – bewirkten kein Umsteuern.

 

Ein Kurzbericht zur Studie ist hier hinterlegt: http://www.imf.uni-rostock.de/forschung/kommunikations-und-medienwissenschaft/audiovisuelle-diversitaet/