Für hier und mit Gas

Möchten Sie Ihren Kaffee „für hier“? Das Wasser „mit Gas“? Hast Du „in 2007“ deine Ziele erreicht? Nein! Ich bin versucht, immer nur mit „Nein“ zu antworten, denn diese Art von Verfremdung der deutschen Sprache will mir nicht in die Ohren kommen. Die kritisch aufgeweckten BeobachterInnen dürften nun ihre Stirn süffisant kräuseln und sich bereit machen, mich auf „Diversity“ anzusprechen. DAS sei ja unnötigerweise ein englisches Wort, das man ebenso gut übersetzen könne. Und außerdem müssten gerade Diversity-Menschen die sprachliche Stil-Vielfalt respektieren! Liebe Nörglerinnen und Nörgler: Die Sprache stellt eines der wichtigsten Instrumente unseres Umganges mit „anderen“ dar. Sie bildet einen kaum vorstellbaren Schatz, den wir meist nur zu einem Bruchteil nutzen. Große deutsche Bevölkerungsgruppen empfinden es zunehmend als Herausforderung, mehr als Urlaute in ihrem Alltag einzusetzen … Der Reichtum der Sprache nimmt durch Erfindungen und durch internationalen Austausch weiter zu. Die entstehende Begriffsmigration gefällt nicht jedem. Aber es fällt auf, dass je nach Machtsituation Lehnworte auf mehr oder weniger Akzeptanz stoßen. Kaum höre ich einen Topmanager über die Wortwahl „Outsourcing“ oder die Abkürzung „KPI“ jammern. Nie beschwert sich wer über „Champions League“ oder „Sneak Preview“. Dabei könnte man streiten, wenn es bedeutungsgleiche deutsche Begriffe gäbe. Bei Diversity stelle ich mich quer: Als Übersetzung reduziert „Vielfalt“ das Konzept auf einen Aspekt, der alleine nicht tragfähig ist. Ohne Offenheit und Einbeziehung (oder „Inclusion“) kann Vielfalt nicht wirken. „Diversity“ beschreibt diesen gesamten Wirkungszusammenhang und fungiert gleichermaßen als Eigenname. Damit handelt es sich um ein Lehnwort, nicht um einen Anglizismus. Letzteren finden wir bei „mit Gas“: Water with gas, agua congas, eau gazeuse, aqua con gas – unsere Nachbarn haben mit diesem Aggregatzustand weniger Berührungsängste. Für uns gibt es indes kein Grund, auf Kohlensäure oder Sprudel zu verzichten, oder eben stilles Wasser zu wählen, anstatt „ohne Gas“. Wirklich abstrus wirkt ein „für hier“, zumindest außerhalb Westfalens, wo diese Wortkombination anscheinend gängig ist. Meinen Kaffee möchte ich „zum Mitnehmen“ oder eben nicht. Am liebsten Espresso doppio macchiato… Keine Eile, soviel Zeit muss sein.