Familienfreundlichkeit vor allem bei Kleinst- und mittleren Firmen

Wie beurteilen eigentlich die konkret betroffenen Beschäftigten die Familienfreundlichkeit ihrer Arbeitgeber? Diese Frage schien in der andauernden Diskussion vorübergehend in den Hintergrund getreten zu sein und so befragte das Forschungszentrum Familienbewusste Personalpolitik in Nordrhein-Westfalen 1.000 Beschäftigte im bevölkerungsreichsten Bundesland zu ihrer Wahrnehmung. Insgesamt sehen zwar knapp 60 Prozent der Befragten in den letzten Jahren eine Verbesserung in der Möglichkeit, Familie und Beruf zu vereinbaren, aber die Verschiedenheit der Wahrnehmung von Männern und Frauen dürfte dabei überraschen. Männer beurteilen die Familienfreundlichkeit ihrer Arbeitgeber deutlich schlechter als Frauen. Dies mag jedoch einen Exkulpierungsanteil für den geringen Prozentsatz von Frauen im Management enthalten. Indes gehen nur fünf Prozent der Männer, im Vergleich zu 51 Prozent der Frauen, einer Teilzeitbeschäftigung nach und Part-Timer bewerteten die Familienfreundlichkeit ihres Arbeitgebers im Allgemeinen besser als Vollzeitbeschäftigte. Während sich die Meinungen von weiblichen Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten kaum unterscheiden, gehen die Ansichten bei Männern in den verschiedenen Beschäftigungsmodellen weit auseinander. Die wenigen in Teilzeit arbeitenden Männer bewerten das Familienbewusstsein ihres Arbeitgebers deutlich besser als ihre in Vollzeit beschäftigte Geschlechtsgenossen.
Mit Blick auf die Unternehmensgröße zeigt die Studie, dass Kleinstbetriebe mit bis zu neun Beschäftigten am besten abschneiden. Danach liegen mittlere und große Unternehmen vor den kleinen Betrieben (mit mehr als neun Beschäftigten). Für besonders familienbewusst halten die nordrhein-westfälischen Unternehmen dennoch nur 46 Prozent der Befragten und auch Landes-Familienministerin Schäfer forderte mehr Maßnahmen seitens der Unternehmen, um ihren Beschäftigten die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern. Als Beispiele nannte sie vollzeitnahe Teilzeitbeschäftigung im Umfang von 30 Stunden pro Woche, Arbeitszeitkonten, flexiblere Arbeitszeitgestaltung, Arbeit im Home Office sowie Unterstützung bei der Kinderbetreuung.
Wie groß der Nachholbedarf in Sachen Familienfreundlichkeit insbesondere für Eltern in Führungspositionen ist, verdeutlichen die Ergebnisse einer Umfrage auf einer Multiplikatoren-veranstaltung des Netzwerkbüros „Erfolgsfaktor Familie“ Ende September in Berlin: Mehr als die Hälfte der TeilnehmerInnen war der Ansicht, dass Top-Führungskräfte rund um die Uhr für ihr Unternehmen zur Verfügung stehen und ihre privaten Belange dem Unternehmen unterordnen müssen. Weniger als zwei Prozent glauben, dass dies nur auf eine Minderheit der Unternehmen zutrifft. Maßnahmen für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Führungskräfte sehen die Befragten auch nur in wenigen Unternehmen. Als beste Maßnahmen zur Nutzung der Potenziale von Eltern für Führungsaufgaben bewerten die Befragten den Ausbau von Kinderbetreuungs-möglichkeiten, eine Veränderung der Rekrutierungsverfahren für Führungspositionen sowie einen Abschied von der Präsenzkultur hin zu einer flexibleren Arbeitsgestaltung.
Um Unternehmen, die sich bereits durch vorbildliche Maßnahmen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auszeichnen zu prämieren, hat Bundesfamilienministerin Kristina Schröder den Unternehmenswettbewerb „Erfolgsfaktor Familie 2012“ gestartet. Eine Jury aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik zeichnet die familienfreundlichsten Unternehmen bei einer Preisverleihung im Mai 2012 in drei Größenkategorien aus. Zudem werden Sonderpreise in den Kategorien „Familienbewusste Arbeitszeiten“ sowie „Beruf und Pflege“ verliehen. Die Bewerbungsfrist läuft noch bis zum 9. Dezember 2011 über die Homepage www.erfolgsfaktor-familie.de.