Es lebe die Qualität – Made in Germany

Gut, wenn man etwas hat, worauf man sich verlas-sen kann. Und sei es auch nur eine Überheblich-keit, die vergangener Zeit entstammt. Das Gerücht, Pro-dukte aus deutschen Landen seien besonders gut, hält sich hartnäckig. Ob in der Werbung oder in politischen Sta-tements – gerne schimmern schlimme Vorurteile durch. Waren es früher „die Südeuropäer“, die wir süffisant be-lächelten, so sind es heute „die Osteuropäer“, die gerne unter Generalverdacht genommen werden. Da wir inzwi-schen froh sind, wenn Lederschuhe aus Portugal (EU) und nicht aus Fernost stammen, beschleicht uns zaghaft das mulmige Gefühl, dass das Gefälle vielleicht doch nicht so groß (gewesen) ist, wie wir allzu gerne geglaubt hätten. Die blöden Witze über Asien verstummten ohnehin ganz zügig als klar wurde, dass die Germanen und ihre euro-päischen Vettern in vielen Disziplinen nicht so gut ab-schneiden.
Glücklicherweise haben wir die Freiheit, die Dinge hier anders, nämlich besser zu machen. Zum Beispiel bei der Umsetzung des AGG. Da kommt die Liebe der Deut-schen zur Qualität voll zum Tragen. Schließlich will man sich auf Top-Ergebnisse verlassen können. Da die Füh-rungskraft an sich, und der Arbeitsjurist im besonderen bekannt für strategische Weitsicht ist, wundert es nicht, dass er (meistens) bzw. sie (selten) die Chancen des AGG in Punkto Produktivitätssteigerung und Teamwork zur Gänze ausnutzen möchte. Schnell wurde eLearning als zeitgemäßes Instrument identifiziert und die Angebote sondiert. Wer da was anbietet, ist ja eigentlich egal, denn wir wollen ja nur das Gesetz „abfackeln“. Daher genügt es uns auch, den Preis zu vergleichen. Die Tools sind si-cher alle gleich – heißt ja schließlich Gleichbehandlungsge-setz … So wird schon gerne mal herzlich gelacht, wenn Preisunterschiede von 1,99 bis 8 Euro zum Vorschein kommen. Auch schöpft niemand Verdacht, wenn eLear-ning-Programme quasi über Nacht entstanden oder noch nicht verfügbar sind. Obschon Juristen beharrlich konsta-tieren, sie verstünden vieles am oder im AGG nicht, blei-ben sie doch die einzigen Diskutanten – und Kunstlieb-haber, auch Dilettanten genannt. Als Götter in Schwarz dürfen sie freilich Lernprogramme verfassen und unkriti-siert anpreisen.
Wer beziehungsweise was nun tatsächlich den vom Ge-setzt geforderten – sonst wäre es auch obsolet – vorbeu-genden Schutz gewährleistet, scheint indes niemanden zu interessieren. Die vermeintliche Fachwelt dreht sich um ihre eigenen Diskussionsinhalte und würde sich so gerne billig aus der Affäre ziehen. Es muss schon als herausra-gend gelten, wenn sich eine Firma einen Studenten (!) leis-tet, der die Personalprozesse auf Diskriminierungspoten-zial überprüft – das kann der ebenso gut, wie ein Berater, und ist billiger. Jaja, Qualität kann man eben auch ganz neu definieren, wenn es einem gerade passt (zu sparen) oder eben nicht passt (das Thema nämlich).
Aber es geht noch besser: Unternehmen können sich ein-fach alles, was sie zu glauben brauchen, aus dem Internet herunter laden oder aus kostenlosen Newslettern zusam-men … sagen wir … „tragen“. Von denen gibt es auch inzwischen so viele, dass man sich ruhig beschweren kann, wenn etwas nicht „gut genug“ ist. Und wenn dieses Blatt auch ausgereizt ist, dann gehen wir zu einem der verpön-ten Berater und schauen mal, wie viel Leistung wir dort umsonst bekommen können. Schließlich muss er (oder sie) doch froh sein, überhaupt etwas machen zu dürfen.