Diversity als Pflichtfach für Sport-Studierende – und eine ganze Woche der Vielfalt

Nachdem Diversity im Sport lange ein Randgruppenthema war gilt es nun als Schlüsselkompetenz und wurde damit zum Pflichtfach für Studierende an der Deutschen Sporthochschule Köln. Zudem findet hier die „Woche der Vielfalt“ gemeinsam mit der Universität zu Köln statt. Und das nicht nur mit Wohlfühlthemen.

Alle Studierenden der fünf Bachelorstudiengänge müssen an der Sporthochschule Köln das Modul „Diversitykompetenz im Sport“ absolvieren. Macht, Exklusion und Ungleichheit werden hierbei ebenso thematisiert wie die eigene Identität und Haltung im Kontext einer vielfältigen Gesellschaft sowie praktische Diversitätskonzepte. Dieses Jahr stellten viele von ihnen ihre Diversity-Projektergebnisse vor.

Eine „Woche der Vielfalt“ mit einem provokanten Symposium zu „Vielfalt im Sport“

Statt eines einzelnen Diversity-Tages boten Universität und Sporthochschule Köln rund 50 Veranstaltungen im Rahmen der vierten „Woche der Vielfalt“ an. Zahlreiche offene Lehrveranstaltungen deckten vielfältige Themen wie Intersexualität, integrative Sprache, Women in Science oder Gendermainstreaming in der Schule ab. Filme, Lesungen und Workshops thematisierten blinde Fußballfans oder die Zukunft der Universität aus Sicht von Diversity & Inclusion.

Im Rahmen eines Symposiums zu „Vielfalt im Sport“ beschäftigten sich knapp 100 Interessierte der Sporthochschule vor allem mit den Themen Migration und sexueller Orientierung. Studierende aus drei Diversity Kompetenz-Seminaren präsentierten Ergebnisse aus ihrer vorangegangenen Projektarbeit in verschiedenen Formaten (Podiumsdiskussion, Poster, Podcasts, Kurzfilme).

Diversity im Sport: zwanzig durchaus kritische Fragestellungen und Perspektiven

Die Studienprojekte befassten sich auf wissenschaftliche Art und Weise mit Themen wie Homophobie im Sport allgemein, in Ballsportarten, unter Sportfans, im Alltag oder auch an der Hochschule. Andere Projekte thematisierten Vorbilder oder Idealbilder im Sport, Integration durch Sport sowie Diversity-Strategien von Sportartikelherstellern oder Sportverbänden.

Ein Vergleich der britischen Football Association und des Deutschen Fußball Bundes zeigte zum Beispiel, dass die Maßnahmen des DFB gegen Homophobie (z. B. Informationsbroschüre „Fußball und Homosexualität“) bei weitem nicht an die Strategie der Football Association heranreicht, die in Austausch mit Politik und LGBT-Verbänden entstanden ist und jährlich über (Miss-)Erfolge berichtet. Eine weitere Analyse stellt dar, dass auch die Sportarten Hockey und Volleyball keine nennenswerten Maßnahmen oder Strategien zur Bekämpfung von Homophobie verfolgten.

Eine Befragung von Vereinssportlern mit Migrationshintergrund (der 2. Generation) zeigte, wie sehr diese sich als Deutsche fühlten und doch hin und wieder mit Provokationen zu kämpfen hätten.

Keynote zu Diversity im Sport: Talente, Respekt, Vorbildverhalten und Selbstreflexion

Dass es im Sport noch auf vielen Ebenen Handlungsbedarf zu Diversity gibt, illustrierte der D&I Ingenieur Michael Stuber, der das Symposium mit einer Keynote eröffnete. Während Vielfalt in Teamsportarten naheliegend sei, werde in vielen Kulturen nicht genug getan, Talente außerhalb der jeweils dominanten Sportarten zu entdecken oder gar zu fördern. Wertschätzung und Zusammenhalt beschrieb der Diversity-Guru als Erfolgsfaktor gerade für den Teamsport. Damit könnte nicht nur Erfolge gefeiert, sondern auch das Ansehen gesteigert werden. Auch sein evidenzbasiertes Modell zu Unconscious Biases wendete Stuber auf den Sportbereich an und zeigte, welche Ähnlichkeitsmechanismen, Vorbehalte und Beurteilungsschieflagen sowie Monokulturen negative Auswirkungen auf die Auftragserfüllung im Sport hätten. Hier wäre es auch wichtig, implizite Normen zu hinterfragen und verschiedene Bedeutungen des Sports für vielfältige gesellschaftliche Gruppen anzuerkennen.

Entlarvende Podiumsdiskussion zu Homosexualität im Fußball

Eine inszenierte Podiumsdiskussion, in der Studierende in Rollen unterschiedlicher Stakeholder schlüpften, vermittelte eindrücklich die kontroversen Perspektiven zu „Homophobie im Fußball – Das ewige Versteckspiel“. Mit pointierten Skripten gelang es den SchauspielerInnen, auch unangemessene Äußerungen realitätsnah darzustellen – leider auch die fehlende Ahndung oder Entkräftung.

Vorbildcharakter erhalten die Maßnahmen der Sporthochschule durch die Verbindung dreier Elemente

  • konsequentes Mainstreaming von Diversity in die – nach Humboldt – freie Lehre und damit in eine Kernaufgabe der Hochschule
  • freiwillige und öffentlichkeitswirksame Mechanismen
  • Bearbeitung konfliktträchtiger Themen.